Die konstante Temperatur, die mineralhaltige Umgebung, die Bergluft, die Stollenluft – Andreas und Martin Gremsl geraten ins Schwärmen. Ihr Thema: das Stollensystem im steirischen Erzberg. Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass hier oststeirische Landwirte über „das optimale Milieu“ dieses obersteirischen Bergbaugebiets fachsimpeln. Auf den zweiten Blick erschließt sich diese Expertise aber sehr schnell. Denn gemeinsam mit dem Lebensmittel- und Tourismus-Experten Wolfgang Mitterbäck haben die Gebrüder Gremsl im Vorjahr – in den Tiefen des Erzbergs – langfristig zwei Stollen von der „VA Erzberg“ gepachtet, um dort eine Zuchtanlage für Speisepilze, konkret die besonders gefragten Kräuterseitlinge, zu installieren. Mittlerweile wurde für das Projekt rund eine Million Euro in die Hand genommen. Bereits im Sommer hat man den Lieferauftrag der Billa-Gruppe erhalten – die Speisepilze, sie firmieren unter „Erzberg Stollenpilze“, sind ab sofort in allen größeren Billa-Filialen in Kärnten und der Steiermark sowie bundesweit in allen „Billa plus“-Märkten erhältlich, wie Mitterbäck betont.

100 Tonnen Pilze pro Jahr

Zudem wurde in Eisenerz der frühere „Billa Corso“-Standort erworben, der davor zwei Jahre leer gestanden ist. Dort ist nun die Infrastruktur für die Verarbeitung, Veredelung und Verpackung der Stollenpilze beheimatet. „Wir haben mittlerweile sechs Mitarbeiter dafür angestellt, insgesamt sollen es zwölf werden. Neben dem Lebensmittelhandel liege der Fokus auch in der Belieferung der Gastronomie.

„Mit der jetzigen Ausbaustufe schaffen wir 100 Tonnen Pilze pro Jahr, es gibt aber reichlich Potenzial zum Ausbau weiterer Stollen“, sagt Martin Gremsl. Das Umsatzziel liege bei zwei Millionen Euro in drei Jahren.
An sich hatte man die Erzberg-Stollen aufgrund der optimalen Temperaturvoraussetzungen für die Reifung von Whiskey gepachtet, tatsächlich sind bereits Eichenfässer gelagert, der „Erzberg Alpine Premium Whisky“ soll nach der vorgeschriebenen Reifezeit ab 2023 verkauft werden. Im Zuge dieses Projekts reifte auch der Plan, das gut geeignete „Stollenklima“ für eine Pilzzucht zu nutzen.
Die Produktion könne sehr energieschonend erfolgen, obwohl das Luftvolumen zwei- bis fünfmal pro Stunde getauscht werden muss. Die Pilze benötigen aber eine konstante Temperatur von zwölf Grad, um das zu erreichen, könne man Luft aus anderen Stollen ansaugen. Diese strömt „langsam in den Berg nach und temperiert sich auf sieben Grad. Da die Pilze beim Wachsen Wärme produzieren, müssen wir kaum dazu heizen“, erklärt Gremsl das dahinterstehende Know-how.

Whiskey, „Steirerpop“ bis Himbeer-Frizzante

Der Kräuterseitling sei in der Zucht ein „durchaus komplexer Pilz“, in der Verarbeitung beim Kochen aufgrund seiner Konsistenz sehr gefragt – er liege auch als Fleischersatz stark im Trend, so Mitterbäck. Auf der Website wurde auch ein eigener Video-Kanal eingerichtet, in dem der Top-Koch Willi Brunner Rezepte vorkocht. „Wir sind auch in der Region Eisenerz sehr gut vernetzt, wollen dort auch zur Strukturbelebung beitragen.“ Eng kooperiert werde auch mit „Abenteuer Erzberg“.
Die Gremsl-Brüder und Mitterbäck verfolgen unter dem Markennamen „Innövation“ bereits seit Jahren das Ziel, regionale Produkte zu veredeln und zu vermarkten. U. a. ist man mit „Steirerpop“ und „Austropop“ – Popcorn aus heimischem Mais-Anbau – im Handel vertreten. Dieser Mais kommt auch beim Erzberg-Whiskey zum Einsatz. Auch der „HimPerle Sekt“ und ein Himbeer-Frizzante werden von der eigenen „GGM Produkt GmbH“ mit Sitz in Puch bei Weiz produziert. Schon bald sollen auf Snack-Ebene auch Pilzchips – aus den Stollenpilzen – vermarktet werden.