Die Österreichischen Bundesforste (ÖBF) fürchten sich nicht nur vor immer höheren Klimakosten, sondern auch vor Kollateralschäden, wenn die EU-Pläne zu weniger intensiver Waldnutzung in Österreich eins zu eins umgesetzt werden sollten. Dabei geht es um zehn Prozent der Waldfläche, etwa 400.000 Hektar, die nicht mehr bewirtschaftet werden sollen. Die zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hatte dem EU-Reformpaket zugestimmt.
Bundesforste-Vorstand Rudolf Freidhager kann sich schwer vorstellen, dass die privaten Waldbesitzer den Beschluss so mittragen. Infolgedessen könnte das Problem vor allem beim Staatsbetrieb, zugleich Österreichs größter Waldbesitzer, abgeladen werden. Nach Zahlen vom Verband der Land&Forstbetriebe werden allerdings schon jetzt nur 84 Prozent des Waldes genutzt. Der steirische Verbandsobmann Carl von Croy lehnt eine „Verschiebung der Forstkompetenz nach Brüssel“ strikt ab.
Unermüdliche Mahner
Freidhager bezweifelt für Österreich die Sinnhaftigkeit der EU-Entscheidung. „Es ist ein Irrglaube, dass uns die Natur im Kampf gegen den Klimawandel von ganz allein unterstützt“, sagt er. So wurden im Vorjahr etwa in Kärnten vom Borkenkäfer dahingeraffte Bäume mit dem Hubschrauber aus Steilhanglagen entfernt, um den restlichen Wald zu schützen. Der Schadholzanteil sei mit 59 Prozent des Holzeinschlags sehr hoch gewesen. Freidhager plädiert für naturnahe, integrative Bewirtschaftung. Das EU-Ziel soll indes dazu beitragen, den dramatischen Rückgang der Artenvielfalt zumindest etwas zu bremsen. Freidhager und sein Kollege Georg Schöppl gehören seit Jahren zu den unermüdlichen Mahnern, das Pariser Klimaziel einzuhalten. Seit 2017 listen sie penibel auf, wie viel der Klimawandel die ÖBF kostet. Spätestens die massiven Steigerungen aus den Jahren 2019 auf 42 Millionen Euro und 2020 auf fast 50 Millionen Euro waren alarmierend. Der nasskalte Frühsommer 2021 brachte etwas Entspannung. Die Klimakosten sanken auf 31,5 Millionen Euro.
Programme für den klimafitten Wald
Feuer am Dach sieht Freidhager dennoch: Denn bisher ist es dem Unternehmen immer gelungen, auch unter widrigen Umständen Gewinne einzufahren und weiter zu investieren – etwa in groß angelegte Programme für einen klimafitten Wald, der auch um 1,5 Grad höhere Temperaturen aushält und viel weniger Borkenkäfer-anfällig ist als etwa Fichten. Schon jetzt sind neun Prozent der Bundesforsteflächen unter Naturschutz. Sollten sich die Anteile stärker verschieben, könne man die auf das Pariser Klimaziel ausgelegte Strategie vergessen, so Freidhager. Wurden bisher im Kerngeschäft Holzwirtschaft rote Zahlen geschrieben, wie das in den Vorjahren schon passierte, glichen die stark ausgebauten Bereiche Immobilien, Erneuerbare Energien und Dienstleistungen das Minus aus. 2021 schrieben alle Bereiche schwarze Zahlen. Freidhager spannt den Bogen aber weiter: Holz sei Österreichs wichtigster industriell nutzbarer Ersatzrohstoff für andere Materialien und damit die Dekarbonisierung.
Claudia Haase