Vor zwölf Jahren kostete ein Quadratmeter einer steirischen Mietwohnung im Schnitt (kalt und ohne Betriebskosten) 4,25 Euro im Monat. Zehn Jahre später – 2020 – kostete der Quadratmeter bereits 5,82 Euro. Das Beispiel zeigt, wie sehr das Wohnen im vorigen Jahrzehnt die Inflation angetrieben hat – jene Teuerung, die im Vergleich zur heutigen als moderat gilt. Sie betrug in den zehn Jahren zwischen 2010 und 2020 insgesamt 19,8 Prozent, im Schnitt nicht ganz zwei Prozent im Jahr. Heuer erwartet die Oesterreichische Nationalbank eine Jahresinflationsrate von 3,2 Prozent.
Einer Berechnung der Denkfabrik Agenda Austria zufolge stiegen die Hauptmietpreise in Österreich von 2010 bis 2020 um mehr als das Doppelte der allgemeinen Inflation – um 44 Prozent. Die Miete in Gemeindewohnungen verteuerte sich um 35 Prozent, in Genossenschaftswohnungen um 38 Prozent und in privat vermieteten Wohnungen gar um 50 Prozent.
Indexanpassung im Mietvertrag
Dabei zählen die Steiermark und Kärnten – wiederum im Schnitt – nicht zu den teuersten Adressen Österreichs. Wer in Wien, Vorarlberg, Tirol oder Salzburg Wohnraum mietet, zahlt aktuell deutlich mehr. In der Steiermark verteuerten sich die Hauptmieten im Schnitt um 37 Prozent je Quadratmeter.
Hinter der Entwicklung steht die gestiegene Nachfrage nach Wohnraum und die seit der Finanzkrise massiv steigenden Immobilienpreise. Eine weitere Erklärung liefert Marcell Göttert, Ökonom der Agenda Austria: Die in vielen Mietverträgen enthaltene Inflationsanpassung löse eine Spirale nach oben aus. „Erhöht sich die Inflation, steigen die Mieten. Steigen die Mieten, erhöht sich die Inflation“, sagt Göttert. „Dieser Kreislauf wird Wohnen in Zukunft weiter verteuern.“ Im vierten Quartal des Vorjahres war die Inflationsrate in Österreich auf 3,9 Prozent und damit den höchsten Wert seit Beginn der Währungsunion gestiegen.
Weitere Preistreiber für Mieten sind steigende Bau- und Grundstückskosten, auch hier zeige der Trend 2022 nach oben, erläutert Judith Kössner, Immobilienexpertin von Willhaben. „Das wird am Ende den Käufern und Mietern weitergereicht.“ Je teurer eine Immobilie in der Anschaffung ist, desto teurer muss sie vermietet werden, soll sie sich eines Tages (als Faustregel gelten 30 Jahre) für den Eigentümer rechnen.
Singlehaushalte als Preistreiber
Nicht zuletzt heize die steigende Zahl von Singlehaushalten die Mietpreise an, sind sich Kössner und Göttert einig. Denn „allein lebende Menschen lassen die Nachfrage nach Quadratmetern steigen. Wohnen zwei Personen zusammen auf 60 Quadratmeter, wollen sie allein aber nicht auf 30 Quadratmeter leben, sondern mindestens auf 40 oder 50“, nennt Göttert ein Beispiel.
Was den Preisauftrieb brechen kann? „Wenn das Angebot schneller wächst als die Nachfrage und sich die Geldpolitik normalisiert“, sagt Ökonom Hanno Lorenz (Agenda Austria). Erst wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Nullzinspolitik beende, werden Immobilien für Anleger weniger interessant.