Den Einstieg in die "ökosoziale Steuerreform" hat die Regierung lange versprochen – noch länger zieht sich nun ihre Umsetzung. Den ersten Schritt setzen ÖVP und Grüne 2022: Im Juli wird der zusätzliche CO₂-Preis erstmals fällig, womit klimaschädliche Energieträger teurer werden. Die Einnahmen werden über den "Klimabonus" zurück verteilt. Außerdem sinkt die Lohn- und Einkommensteuer, der Familienbonus steigt. Weitere Reformschritte sollen jährlich bis 2024 folgen.
In der zweiten Jahreshälfte 2022 wird erstmals der Klimabonus ausgezahlt, wie und wann genau, ist noch unklar. Die Schwierigkeit besteht darin, alle Empfänger inklusive ihrer Kontonummern dingfest zu machen und auch Menschen zu erreichen, die gar kein Konto haben. Weil nicht einmal die Finanz oder die Sozialversicherung alle in Österreich lebenden Menschen lückenlos erfasst haben, ist die Grüne Umwelt- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler mit der Abwicklung betraut. Die Meldedaten erhält sie vom Innenministerium. Anspruch hat jeder, der an zumindest 183 Tagen im Inland mit Hauptwohnsitz gemeldet war.
CO₂-Abgabe
Fix ist jedenfalls, dass Erwachsene zwischen 100 und 200 Euro ausgezahlt bekommen, um die Mehrkosten durch höhere Energiepreise abzufedern. Der genaue Betrag hängt am Wohnort: mit 100 Euro am wenigsten erhalten die Wienerinnen und Wiener, was die Regierung mit den gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsmitteln begründet. Überall anders gilt: Je ländlicher die Gemeinde und je schlechter die Öffis, desto höher der Bonus. Kinder erhalten die Hälfte.
Der zusätzliche CO₂-Preis von 30 Euro je Tonne dürfte Benzin jedenfalls um neun Cent je Liter teurer machen, Diesel und Heizöl um zehn Cent und Erdgas um sieben Cent für zehn Kilowattstunden Heizleistung. Bis 2025 soll der Preis dann auf 35, 45 und 55 Euro je Tonne ansteigen. Letzteres hängt allerdings auch von der Entwicklung der sonstigen Energiepreise ab: steigen sie um 12,5 Prozent oder stärker an, dann wird sich die Erhöhung der CO₂-Steuer im Folgejahr halbieren. Sinken die Preise dagegen, dann soll die Steuer im Gegenzug stärker steigen.
Mehr netto vom brutto
Ebenfalls in Etappen wird die restliche Steuerreform abgewickelt: mit 1. Jänner sinkt die 2. Stufe der Lohn- und Einkommensteuer von 35 auf 32,5 Prozent. Das bedeutet, dass jeder mit einem Jahresbrutto von mehr als 18.000 Euro bereits mit dem Jänner-Gehalt mehr Netto vom Brutto hat. 2023 sinkt die Steuer dann weiter auf 30 Prozent. Der Familienbonus steigt von maximal 1500 auf 2000 Euro pro Kind und Jahr.
Wer zu wenig verdient, um den Steuerbonus voll auszuschöpfen, erhält jährlich bis zu 450 Euro (statt bisher maximal 250 Euro). Weitere Reformetappen sollen 2023 und 2024 folgen. Die 3. Steuerstufe für Brutto-Einkommen ab 31.000 euro wird ebenfalls in zwei Schritten gesenkt. Im Jänner 2023 sinkt sie von 42 auf 41 Prozent. 2024 dann auf 40 Prozent. Im Gleichklang soll auch die Gewinnsteuern für Unternehmen von 25 auf 24 und weiter auf 23 Prozent sinken.
Familien und Geringverdiener
Ein zentraler Punkt der Steuerreform ist auch die Erhöhung des Familienbonus. Er steigt mit Juli 2022 für Kinder bis 18 Jahre von 1500 auf 2000 Euro pro Jahr. Ab 18 Jahre kann man für unterhaltspflichtige Kinder 650 statt bisher 500 Euro absetzen. Auch der Kindermehrbetrag – früher Alleinerzieherabsetzbetrag – steigt auf 450 Euro pro Kind und kann auch bei bestehender (Ehe)Partnerschaft beantragt werden.
Für kleine Einkommen wollte die Regierung ursprünglich die Sozialversicherungsbeiträge senken. Davon haben sich ÖVP und Grüne nach Kritik insbesondere der Sozialversicherung wieder verabschiedet. Stattdessen wird nun die Negativsteuer für Geringverdienererhöht. Damit werden die Sozialversicherungsbeiträge nicht gesenkt, sondern nachträglich teilweise rückerstattet.
Wer so wenig verdient, dass er keine Lohnsteuer zahlt, erhält damit ab statt 400 Euro künftig maximal 650 Euro pro Jahr ausgezahlt. Für Pensionisten wird der Pensionistenabsetzbetrag auf künftig 825 Euro bzw. 1214 Euro (bisher 600 Euro bzw. 964 Euro) angehoben. Erstmals beantragt werden kann das 2023 für das Jahr 2022.