Es sind 14 Buchstaben am Anfang des Handyzeitalters: "Merry Christmas" (Fröhliche Weihnachten) war am 3. Dezember 1992 auf einem Mobiltelefon eines Vodafone-Mitarbeiters zu lesen. Er hatte die erste SMS der Welt bekommen – das war der Startschuss für eine andere Art der Kommunikation. Was damals Innovation war, ist heute ein Stück Technik-Geschichte. Und die kommt am Dienstag unter den Hammer.

Das französische Auktionshaus Aguttes versteigert die SMS als ein "Non-Fungible Token", also eine "nicht austauschbare Wertmarke" (NFT). Das sind digitale Codes, die auf fassbare Objekte oder virtuelle Güter verweisen. Es geht nicht um die Rechte an Fotos oder Videos, die man sich ansehen kann: Diese unterliegen Urheberrechten und sind nicht Teil eines Non-Fungible Tokens. Ein solcher Token ist vielmehr ein digitales Abbild, das auf der Blockchain-Technologie basiert und dadurch fälschungssicher ist. Dank dieser Datenkette ist man erwiesenermaßen der einzige Eigentümer dieses Codes.

Auktionator Maximilian Aguttes mit dem digitalen Code, der auf Blockchain-Technologie beruht
Auktionator Maximilian Aguttes mit dem digitalen Code, der auf Blockchain-Technologie beruht © AFP

Echtheitszertifikate sind im Trend. So wurde zum Beispiel im Frühling der erste Tweet von Twitter-Gründer Jack Dorsey als NFT für 2,9 Millionen Dollar (2,5 Millionen Euro) versteigert.

"Historisches Zeichen für Fortschritt"

Nun ist also die SMS an der Reihe. Für diesen digitalen Code nennt das Auktionshaus Aguttes auf seiner Webseite, bei der man Gebote abgeben kann, eine Spanne von 100.000 bis 200.000 Euro. Der Entwicklungsleiter des Auktionshauses, Maximilien Aguttes, hofft aber auf einen höheren Preis: Diese erste Textnachricht sei ein historisches Zeugnis für den Fortschritt und absolut einzigartig. Verkäufer des SMS-NFT ist Vodafone, den Erlös will die Firma an das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) spenden. Aus rechtlichen Gründen werden bei der SMS-Aktion auch Gegenstände mitversteigert, unter anderem ein digitaler Bilderrahmen, um die SMS sichtbar zu machen.

Der Markt für NFT wächst rasant. Laut einer Studie der Branchenplattform nonfungible.com wurden im dritten Quartal allein in den USA NFTs im Gegenwert von insgesamt 5,9 Milliarden Dollar verkauft. Auf Webseiten wie rarible.com bieten Alltagskünstler und andere internetaffine Menschen die digitalen Abbilder an, auch klassische Auktionshäuser wie Christie's und Sothebys mischen mit. Es geht aber nicht nur um Auktionen von NFTs für Kunstwerke, Liebhaberobjekte oder kuriose Sachen. Auch in der Gaming-Szene spielen NFTs eine Rolle, wenn beispielsweise in Rollenspielen Schwerter und Schilder mit dieser digitalen Referenz versehen werden und sie somit einzigartig machen – der Spieler weiß dann, dass er immer dieselbe Videospiel-Waffe nutzt und nicht nur irgendeine Waffe gleichen Typs.

"Beweisen, dass es mir gehört"

Der Blockchain-Experte Toni Caradonna sieht die NFTs als Teil einer neuen Welle der Digitalisierung. "Nun geht es um die Digitalisierung von Werten und Eigentum", sagt Caradonna, der bei der Schweizer Blockchain Trust Solutions AG im Vorstand sitzt. "Durch das Copypasting der vergangenen Jahrzehnte haben wir die digitale Kontrolle über das Eigentum verloren." Die holt man sich mit den Non-Fungibel Tokens nun zurück. "Mit NFTs kann ich beweisen, dass etwas nur mir gehört – ich habe die Kontrolle."

Spielminute als NFT

Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance & Management misst NFTs "einen sehr hohen ideellen Wert" bei. Auch Sportfans würden gut angesprochen. So verkaufe der US-Basketballverband NBA einzelne Minuten von Spielen als NFTs.

Professor Sandner spricht von einer derzeitigen Hype-Phase mit sehr spekulativem Charakter. Er verweist auf andere Hypes noch vor dem Internetzeitalter: Einst hätten Sammler für Briefmarken oder Panini-Fußballbildchen ebenfalls viel Geld bezahlt, die Sammelleidenschaft sei dann aber verflacht und heutzutage lägen die Marken und Bildchen unbeachtet in Schränken rum.