Der Streit um den Lobautunnel und andere Straßenprojekte hat am Dienstag eine weitere Dimension erhalten: Demnach befinden sich die umstrittenen Vorhaben nicht im neuen Bauprogramm der Asfinag, das am Dienstag im Aufsichtsrat der Gesellschaft mehrheitlich beschlossen worden ist. Die Asfinag habe das Programm „auf Basis der gesetzlichen Rahmenbedingungen (...) unter Berücksichtigung der Evaluierung und der Zielvorgaben des Klimaschutzministeriums dem Aufsichtsrat“ vorgelegt.
Der Aufsichtsratsbeschluss bedeutet den formalen Stopp jener Autobahnprojekte, wo die Evaluierung durch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zuletzt ein negatives Ergebnis brachte. Das betrifft unter anderem den umstrittenen Lobautunnel in Wien oder die S 37 zwischen Kärnten und Steiermark. Hier würden keinerlei Bauaktivitäten mehr seitens der Asfinag gesetzt, laufende Verfahren etwa zu Wasserrechten würden im Sinne der Rechtssicherheit aber fortgeführt, erklärte eine Asfinag-Sprecherin gegenüber der APA.
Gewessler: „Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr“
Gewessler verteidigte in einer der APA übermittelten Stellungnahme erneut den Stopp der umstrittenen Straßenbauvorhaben: „Mit der Evaluierung des Asfinag-Bauprogramms haben wir überprüft: Sind Entscheidungen, die wir vor zwanzig oder dreißig Jahren getroffen haben, heute noch vernünftig? Oder brauchen wir heute bessere Lösungen, um zukunftsfit mobil zu sein, unser Klima zu schützen und unsere einzigartige Natur zu erhalten.“ Das Bauprogramm umfasse Vorhaben für die nächsten sechs Jahre und beruhe auf den Ergebnissen des Klimachecks.
Dabei sei der Klimacheck zu deutlichen Ergebnissen gekommen, so die Ministerin: „Die Expertinnen und Experten sagen uns: Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr. Aus diesem Grund werden wir die Lobauautobahn mit ihrem Tunnel durch ein sensibles Naturschutzgebiet nicht weiterverfolgen. Denn wenn einmal die Bagger durch diese unberührte Natur fahren, ist sie für immer verloren. Wenn die Natur einmal zubetoniert ist, kommt sie nie wieder zurück.“ Das nun beschlossene Programm sei „ein wichtiger Schritt, denn in diesem Bauprogramm ist auch Geld für die Planung von besseren, zukunftsfitten Alternativen vorgesehen“.
Die Suche nach Alternativen beginnt
Gewessler sagte, sie habe Wiens Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und NÖ-Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) zu Planungen für diese Alternativen eingeladen. „Denn ich hoffe, dass die Expertinnen und Experten jetzt rasch die Arbeit aufnehmen können und gemeinsam die besten Lösungen erarbeiten. Für die Menschen in der Region und für den Schutz unserer Böden und unseres Klimas“, sagte die Umwelt- und Verkehrsministerin.
Unterdessen pochten die politischen und wirtschaftlichen Spitzenvertreter von Wien und Niederösterreich erneut auf den Bau des Lobautunnels: In gemeinsamen Aussendungen forderten die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), der Präsident der nö. Wirtschaftskammer Wolfgang Ecker, Wiens Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ) sowie der Wiener Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck erneut die Einhaltung der Gesetze beim Bau des Tunnels. Dabei erinnerten die Wiener und niederösterreichischen Vertreter daran, dass der Lobautunnel durch viele Verfahren, darunter auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung, genehmigt worden sei. Er sei im Bundesstraßengesetz und im – bisherigen – Bauprogramm der Asfinag verankert. „Dieser wichtige Lückenschluss des Regionenrings muss daher umgehend umgesetzt werden“, appellierten sie.
Mit dem nun adaptierten Bauprogramm wurde auch eine Mittelfrist-Planung in der Aufsichtsratssitzung mehrheitlich beschlossen. Aufsichtsratsvorsitzende Christa Geyer betonte in einer Aussendung: „Mit dem heute beschlossenen Bauprogramm haben wir die Grundlagen für die Arbeit der nächsten Jahre eines der bedeutendsten Infrastrukturunternehmen des Landes abgesichert. Zwei zentrale Ziele werden damit erreicht: Wir gewährleisten weiterhin ein verlässliches, hochrangiges Straßennetz und gehen gleichzeitig einen nächsten großen Schritt zur Positionierung der Asfinag als Mobilitätspartner für ganz Österreich.“
Die Gesellschaft bleibe „mit Investitionen von mehr als sieben Milliarden Euro in den nächsten sechs Jahren ein verlässlicher Partner für die Wirtschaft im Land“. Bereits jetzt würden mehr als vier Milliarden Euro in die Erhaltung des bestehenden Autobahnnetzes fließen. „Zukünftig wird es neben den beschlossenen Bauprojekten auch vermehrt Investitionen in erneuerbare Energien sowie in einen massiven Ausbau von E-Ladestationen in ganz Österreich geben“, sagten die Asfinag-Vorstände Josef Fiala und Hartwig Hufnagl.