Angesichts der dramatischen Kostensteigerungen für die Milchbauern und die Milchwirtschaft schlägt der Präsident der Vereinigung österreichischer Milchverarbeiter und Geschäftsführer der Kärntnermilch, Helmut Petschar, jetzt Alarm: "Wenn es nicht gelingt, den heimischen Milchbauern und Verarbeitern die erhöhten Kosten abzugelten, ist eine gesicherte Versorgung in Gefahr", so Petschar.
Futtermittel und hier zum Beispiel gentechnikfreies Soja, Energie, Dünger, Verpackung, Transport: Überall sind die Preise massiv gestiegen und steigen weiter. Sogar bei Früchten für Buttermilch und Joghurt. "Fruchtzubereitungen sind zuletzt um 30, 40, 50 Prozent teurer geworden. Da spielen Missernten eine Rolle, aber auch Corona, weil Erntehelfer ausgefallen sind", sagt Petschar. Und: "Es könnte durchaus passieren, dass es in einem Monat in Österreich kein Himbeerjoghurt mehr gibt." Einzelne Verpackungsmaterialien wie Käsefolien und Kartons sind um bis zu 40 Prozent teurer geworden.
Zwar habe es Anfang Herbst eine kleinere Preisrunde mit den Handelsketten gegeben. Aber weil der Teuerungsprozess voranschreite, besteht ein Gap, ein Fehlbetrag zwischen den Produktionskosten und dem, was die Abnehmer zahlen.
"Eklatante Schieflage"
Die österreichischen Milchverarbeiter haben Erhöhungen bei den Erzeugerpreisen vorgenommen, den Bauern also mehr für das Kilo Milch gezahlt, um deren Kostensteigerungen einigermaßen zu aufzuwiegen. Kosten, "die aber in den Abschlüssen mit dem österreichischen Lebensmittelhandel nur zu einem kleinen Teil abgegolten werden". Petschar: "Hier manifestiert sich wieder einmal die eklatante Schieflage der Wettbewerbssituation in der Lebensmittelkette, die keine faire Vorgangsweise für Landwirte und Verarbeiter ermöglicht und daher dringend saniert werden muss. Wenn wir für unsere Produkte im Ausland mehr erzielen als im Inland, läuft doch etwas falsch."
Der Strukturwandel bei den Milchbauern ist ohnehin beschleunigt: Jedes Jahr hören zwischen drei und vier Prozent auf. Nimmt er weiter zu, "kann die flächendeckende Milchproduktion in Österreich nicht aufrechterhalten werden", sagt Petschar. "Und ich brauche nicht auszuführen, was das für unsere Kulturlandschaft und für den Tourismus bedeutet."
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will verweist darauf, dass „die heimischen Lebensmittelhändler bereits im Herbst 2021 höhere Einkaufspreise mit den Molkereien ausverhandelt“ haben, „die sich auch in den Verkaufspreisen niedergeschlagen haben. Davon profitieren auch die Landwirte. Überdies gibt es laufende Gespräche mit den Molkereien.“ Die Versorgungslage sei laut Will gesichert.
Allgemein heißt es vom Handelsverband, dass "der Lebensmittelhandel laufend in Abstimmung mit seinen Lieferanten steht und sich auch keinen notwendigen Verhandlungen verschließt, wenn es die Marktlage erfordert". Im Übrigen sei der Handel selbst zurzeit von Preissteigerungen und Inflation betroffen.