Das Murmeltier lässt grüßen. Nach dem Vorjahr erlebt Österreichs Handel zum zweiten Mal den Albtraum vom Lockdown in der umsatzstärksten Jahreszeit. Die Lager sind voll mit Weihnachtsware. Dem stationären Handel entgehen bis zu 140 Millionen Euro pro Tag, erklärt Handelsexperte Ernst Gittenberger von der Uni Linz in Ö 1. Weil die Geschäfte heuer auch am 8. Dezember geschlossen bleiben, rechnet Gittenberger mit höheren Umsatzverlusten als in den vorigen Lockdowns. Ein Großteil fließe in den Onlinehandel und somit sechs von zehn Euro ins Ausland. Rund jeder vierte heimische Händler betreibt einen eigenen Onlineshop, steigend ist auch die Zahl derer, die Marktplätze wie Shöpping oder Amazon nutzen. So appelliert Rainer Trefelik, Handelsobmann in der Wirtschaftskammer, bei regionalen Händlern zu kaufen, „um das Allerschlimmste zu verhindern“. Waren bestellen und abholen ist erlaubt. „Click & Collect“ erfreue sich zunehmender Beliebtheit, bestätigt Gittenberger, die Umsatzeinbußen können so freilich nicht kompensiert werden. Diesen Freitag wartet mit dem „Black Friday“ noch dazu das Hochamt der onlineaffinen Schnäppchenjäger.
„Regionales Einkaufen funktioniert auch online“
„Mit einem bewussten Einkaufsverhalten stärken Kundinnen und Kunden die österreichische Wirtschaft“, pflichtet Holger Schwarting, Chef von Sport 2000, bei. „Regionales Einkaufen funktioniert auch online.“ Händler nutzten außerdem den vergangenen, letzten offenen Samstag vor dem Lockdown, Angebote vorzuziehen. Die Grenzen zwischen „Black Friday“ und Weihnachtseinkäufen verschwimmen zusehends. Ein – allerdings zarter – Gegentrend ist der „Green Friday“. Hier stellen Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten in die Auslage und den verantwortungsvollen Konsum in den Vordergrund.
Der „Black Friday“, den einige Handelsunternehmen auf eine ganze „Black Friday Woche“ ausdehnen, sowie der darauf folgende „Cyber Monday“ stehen für teils grelle „Rabattitis“, wie viele regionale Handelsunternehmen kritisieren. Auch Michael Rumerstorfer, Vorstand der Leder & Schuh AG (Humanic, Shoe4you) bedauert, dass es an diesen Tagen primär um Aktionsware gehe. „Ich bin kein großer Fan davon, aber gar nicht mitzumachen, ist auch keine Option“, so Rumerstorfer. Dass es nun abermals zu einem generellen Lockdown gekommen ist, sei in dieser wichtigen Verkaufszeit natürlich ein Stimmungsdämpfer, „das ist sehr bitter“. Zumal kaum jemand in der Branche davon ausgehe, dass der Lockdown tatsächlich nach maximal 20 Tagen wieder endet, „bisher haben die genannten Zeitpunkte ja nie gehalten“.
Täglich um bis zu 80.000 Pakete mehr
Die Post erwartet unterdessen einen zehnprozentigen Anstieg der Paketmengen durch den Lockdown, erklärt Sprecher Markus Leitgeb. Die Weihnachtseinkäufe im Internet und die Aktionstage rund um den „Black Friday“ tragen das ihre zur Hochsaison bei. An Spitzentagen bewegen die 13.000 Beschäftigten in der Zustellung derzeit 900.000 Pakete pro Tag. Im Dezember wird an mehreren Tagen die Marke von einer Million überschritten werden, so die Prognose. Dass der Rekord von 2020 mit mehrfach 1,3 Millionen Paketen täglich heuer übertroffen wird, glaubt man bei der Post aber nicht. Denn das Wachstum im E-Commerce sei wieder auf ein organisches Niveau zurückgekehrt. „Wir erwarten, dass wir unter der Dynamik des Vorjahres bleiben“, sagt Leitgeb. Dennoch habe man die Kapazitäten weiter ausgebaut.
Für die Sozialpartner geht es heute übrigens in die vierte Verhandlungsrunde um einen neuen Handels-KV. Die Fronten waren zuletzt verhärtet. „Die Ausgangslage hat sich nicht vereinfacht“, so Trefelik. Ein Abschluss scheint dennoch nicht ganz unrealistisch.