In der Nacht auf Sonntag haben sich die Lohnverhandler in der Metallindustrie auf eine Anhebung der Ist-Löhne um 3,55 Prozent geeinigt. Die Abschlüsse bei den Metallern finden traditionell große Beachtung, weil sie auch eine gewisse Signalwirkung für andere Branchen haben. Aber wie ausgeprägt ist diese eigentlich noch? Der Ökonom Michael Steiner spricht im Gespräch mit der Kleinen Zeitung von einer „zarten Signalwirkung, einer tendenziellen Richtungsvorgabe“. Dass andere Branche wie der Handel in ähnlicher Höhe abschließen, sei freilich nicht zu erwarten, so Steiner. Auch wenn beide Seiten stark von ihren ursprünglichen Forderungen (die Gewerkschaften wollten plus 4,5 Prozent) bzw. Angeboten (die Arbeitgeber gingen mit plus 2,2 Prozent „ins Rennen“) abrückten, sieht Steiner einen „gesichtswahrenden Abschluss für beide Seiten vor dem Hintergrund einer angespannten und unsicheren Situation“.
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Es schwinge auch eine „Kompensation für die Anstrengungen der Mitarbeiter im schwierigen Krisenjahr 2020 mit, die gemeinsam gemeistert wurden“. Insgesamt spiegle sich im Abschluss für Steiner generell auch „die wachsende Marktmacht der Arbeitnehmer vor einer Kulisse des Fachkräftemangels wider“. Die Gefahr einer in Gang gesetzten Lohn-Preis-Spirale, also hohe Abschlüsse aufgrund hoher Inflation, die dann wiederum die Preise befeuern, sieht Steiner dadurch nicht unmittelbar gegeben, „in diesem Kontext ist der Abschluss wohl verkraftbar, unter der Prämisse und Hoffnung, dass das auch durch Produktivitätssteigerungen abgefangen werden kann“.
Staat profitiert am meisten
Am meisten profitieren werden davon aber nicht die Arbeitnehmer, sondern der Staat, rechnet indes das wirtschaftsliberale Institut Agenda Austria vor. Angestellte in der Branche werden zwar im Schnitt um 1146 Euro mehr Netto-Jahreseinkommen haben, aber auch 1727 Euro mehr Abgaben zahlen müssen, bei Arbeitern beträgt das Verhältnis 835 zu 1183 Euro, heißt es in einer Aussendung.
Ein durchschnittlicher vollzeitbeschäftigter Arbeiter in der Metallbranche verdiente 2021 laut Angaben des Fachverbands der Metalltechnischen Industrie 3124 Euro brutto im Monat. Nach der beschlossenen Lohnerhöhung werden Arbeiter um 2,8 Prozent oder knapp 70 Euro mehr netto pro Monat auf dem Gehaltszettel sehen, haben die Experten der Agenda Austria berechnet. Die Steuer- und Abgabenleistung werde sich dagegen um 4,4 Prozent oder knapp 100 Euro monatlich erhöhen. Ein ähnliches Bild zeige sich bei den Angestellten: Deren Nettoentgelt steige um 95 Euro, während der Staat 144 Euro monatlich mehr an Steuern und Abgaben kassiere.
Wegen der schleichenden Steuererhöhung nehme die Steuerbelastung auch für jene Lohnerhöhungen zu, die nur die Inflation abdecken, kritisiert Franz Schellhorn, Direktor der Agenda Austria, laut Aussendung. Auch wer real nicht mehr verdiene, zahle trotzdem immer höhere Steuern. Eine solche "kalte Progression" wäre in der Schweiz oder in Schweden undenkbar, sagte Schellhorn. Dort würden die Beträge, ab denen die jeweiligen Steuersätze greifen, mit der Inflation mitwachsen, "so wie sich das für zivilisierte Volkswirtschaften gehört".