In Österreich hat die Inflation im September mit 3,3 Prozent ein Zehnjahreshoch erreicht, in der gesamten Eurozone sind es 3,4 Prozent, der höchste Wert seit 2013. Und in Deutschland liegt die Oktober-Inflation bereits bei 4,5 Prozent.
Die EZB hält trotzdem an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest. Zuletzt wurde immer wieder darüber debattiert, ob diese Inflationsraten nur ein vorübergehendes Phänomen seien oder auf längere Sicht hoch bleiben. Martin Schaller, Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank, sieht die Einschätzung der EZB skeptisch, wie er im Weltspartag-Gespräch mit der Kleinen Zeitung betont. Seitens der EZB geht man davon aus, dass sich die Kurve aufgrund von statistischen Basiseffekten im nächsten Jahr wieder verflacht und dann in Richtung zwei Prozent, also der Zielmarke, geht. Dieser Argumentation könne er ebenso wenig folgen wie dem Umstand, dass weiterhin an der Null- und Negativzinspolitik festgehalten werde. „Ich bezweifle, dass die Inflation so schnell wieder verfliegt, das sage ich ganz offen“. Er gehe davon aus, dass die Inflation länger über diesen zwei Prozent liegen werde und dann auch auf höherem Niveau (Schaller: „Ich kann mir durchaus rund um drei Prozent vorstellen“) verharren könnte. Der Inflationsschub sei spürbar und „ist auch schon mitten in der Bevölkerung angekommen, bei Konsumenten, aber auch bei den Betrieben“.
„Beraten, beraten, beraten"
Klar sei dadurch auch, dass das Thema Geldanlage noch herausfordernder werde. Berechnungen zeigen, dass – nach Abzug der (in den letzten Jahren niedrigen) Inflation – auf Giro- und Spareinlagen binnen zehn Jahren ein Kaufkraftverlust von etwa 15 Prozent eingetreten ist. An der Zinssituation wird sich auf Sicht nicht viel ändern, doch die Inflation legt zu.
„Das anhaltende Niedrigzinsniveau und die seit einigen Jahren negative Realverzinsung am Sparbuch bringt selbst sehr sicherheitsbewusste Anleger verstärkt dazu, über alternative Geldanlagen nachzudenken“, sagt Schaller. Diesen Trend hin zu Wertpapieren und vor allem nachhaltigen Investments registriere man bei der RLB nun schon länger, heuer wurden bereits um 50 Prozent mehr Wertpapierdepots eröffnet als noch im Vorjahr. Insgesamt zähle die gesamte Raiffeisen-Bankengruppe in der Steiermark 130.000 Fondssparer, bei neuen Fondssparverträgen würden mittlerweile zwei Drittel der Kunden auf Nachhaltigkeitsfonds setzen, „in der Steiermark wird in Kürze der 50.000 nachhaltige Fondsparvertrag abgeschlossen“, so Schaller. Den Auftrag an das eigene Haus in diesen herausfordernden Zeiten formuliert der RLB-Chef so: „Beraten, beraten, beraten – wir müssen die Kundinnen und Kunden begleiten.“
Fondssparen auf Platz vier der Anlage-Charts
Die drei beliebtesten Geldanlageformen sind laut einer Umfrage von Raiffeisen Capital Management weiterhin das Sparbuch, der Bausparvertrag und Lebensversicherungen. Auf Platz vier findet sich das Fondssparen, gefolgt von Immobilien, Edelmetallen, Aktien und Investmentfonds. Noch stärker adressieren wolle man künftig Anlegerinnen, „Frauen zeigen sich laut dieser Umfrage deutlich zurückhaltender und setzen noch viel stärker auf klassische Sparformen“, so Schaller. Aufgrund der „leider nach wie vor schlechteren Einkommenssituation haben Frauen durchschnittlich ohnehin schon weniger Geld zur Verfügung als Männer“. Ohne die Chance der Kapitalmärkte zu nützen, lasse sich die Inflation nicht ausgleichen, was die Möglichkeit, den finanziellen Polster für die Pension aufzubessern, weiter schmälert. Schaller verweist darauf, dass man bereits mit überschaubaren monatlichen Beträgen über Fondssparpläne vorsorgen könne.
"Finanzbildung in den Schulen intensivieren"
Mit einer gewissen Sorge verfolge er zudem die Entwicklungen rund um Krypto-Assets wie Bitcoin & Co. Insbesondere bei jüngeren Anlegern sei hier eine hohe Affinität vorhanden. „Wir warnen vor diesen hochspekulativen Investitionen, bieten sie nicht an und beraten auch nicht dazu.“ Hinzu komme, „dass es hier keinerlei Regulierung gibt“. Schaller appelliert vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen einmal mehr, „dass die Finanzbildung in den Schulen intensiviert werden muss“.