Viele österreichische Banken verrechnen Negativzinsen für Firmenkunden, das heißt, wer Geld am Konto hat, bekommt nichts dafür, sondern es wird ihm noch etwas gezogen. Diese Praxis war bekannt, neu ist allerdings, dass nun eine Bank einem Geschäftskunden bereits ab einer Einlage von 15.000 Euro dieses "Verwahrentgelt" berechnen will.
Konkret geht es um die Raiffeisenlandesbank (RLB) NÖ-Wien, die einem Bankkunden per Brief ihr Vorhaben mitgeteilt hat: Von Dezember an werde auf seinem Geschäftskonto ab einem Betrag von 15.000,01 Euro ein "monatliches Verwahrentgelt von 0,50 Prozent per anno" verrechnet. Diese Änderung werde ab 1. Dezember wirksam, die Zustimmung "gilt als erteilt", wenn der Kunde nicht bis 30. November schriftlich widerspricht. Auf APA-Anfrage bestätigte eine Sprecherin des Instituts: Ab 15.000,01 Euro werde ein Verwahrentgelt in Höhe von 0,50 Prozent per anno verrechnet, das gelte für Neu- und Bestandskunden. Davon abweichende individuelle Vereinbarungen würden unter Berücksichtigung der gesamten Kundenbeziehung getroffen.
Die Freiheitliche Wirtschaft ist empört: "Das ist völliger Irrsinn", kommentiert der Bundesobmann der Freiheitlichen Wirtschaft, Matthias Krenn, am Freitag in einer Aussendung. Er fordert die Bundesregierung auf, "derartige Praktiken zur Schädigung des Wirtschaftsstandorts, des Arbeitsmarkts und des Wohlstands in Österreich umgehend abzustellen".
Wie es andere Institute handhaben
Bei der Bank Austria heißt es zu dem Thema zur APA, man wende für institutionelle Kunden, Kunden des öffentlichen Sektors und Firmenkunden mit hohen Einlagen in erster Linie alternative Anlagelösungen und Vergütungsmodelle an, die mit den Kunden abgestimmt würden. "Darüber hinaus verrechnen wir für Firmenkunden, institutionelle und Public-Sector-Kunden nach individueller Vereinbarung eine Verwahrgebühr für große Guthaben, auf jeden Fall aber nicht für Guthaben unter 100.000 Euro."
Bei der BAWAG wird darauf verwiesen, dass das Institut - wie alle Banken - seit geraumer Zeit einen Negativzins von 0,5 Prozent per anno für alle Gelder zahlt, die aus aufsichtsrechtlichen Gründen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) verwahrt werden müssen, z. B. Sichteinlagen oder Tagesgelder. Bis vor kurzem habe man diese Kosten nicht an die Kunden weitergegeben. Schließlich habe man die Verzinsung des Guthabens auf Business-Girokonten adaptiert: Die Verrechnung des Zinssatzes erfolge seit 1. Juli 2021 bis auf Weiteres für jedes Quartal im Nachhinein über das jeweilige Business-Konto. "Ob Negativzinsen (in Höhe von -0,5 Prozent) für Geschäftskunden verrechnet werden, richtet sich nach der Gesamtbetrachtung der Geschäftsbeziehung", so die BAWAG in ihrer Stellungnahme zur APA.
Auch bei der Erste gibt es die "Verwahrgebühr": Bei neu eröffneten Giro-/Wertpapierverrechnungskonten für Kommerzkunden von Erste Bank Oesterreich und Erste Group erhebe man seit Mai 2021 oberhalb einer Freibetragsgrenze von 100.000 Euro eine Verwahrgebühr. Bei bestehenden Kommerzkunden passe man diese Verwahrgebühr sukzessive an. Die Sparkassen hätten teilweise individuelle Regelungen. "Der verrechnete Zinssatz liegt bei 0,5 Prozent und ist somit ident mit dem EZB-Zinssatz, den wir für die Verwahrung durch die EZB zahlen", heißt es in einer Stellungnahme der Erste zur APA. Die betroffenen Kunden würden beim Liquiditätsmanagement beraten und über alternative Veranlagungsformen informiert.