Die erste Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 415.000 Angestellten und 15.000 Lehrlinge im Handel ist am Donnerstag nach rund fünf Stunden zu Ende gegangen. Die Gewerkschaft fordert angesichts der hohen Teuerung einen kräftigen Gehaltsabschluss. Die Arbeitgeber verweisen auf die coronabedingt schwierige Lage für viele Handelsbetriebe. Der nächste Verhandlungstermin ist für den 3. November angesetzt.
Außer Streit gestellt haben die Sozialpartner die Inflationsrate mit einem Wert von 2,1 Prozent für die vergangenen 12 Monate von Oktober 2020 bis September 2021. Die Gewerkschaft zeigte sich "enttäuscht und verärgert" über die erste Verhandlungsrunde. "Es gibt keine Bereitschaft, auf unser Forderungsprogramm einzugehen. Die berechtigten Forderungen, welche insbesondere die Bedürfnisse weiblicher Beschäftigter berücksichtigen, wurden einfach mit dem lapidaren Hinweis abgetan, KV-Politik sei keine Frauenpolitik", so die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Anita Palkovich von der GPA in einer Aussendung. "Es ist bislang keinerlei Wertschätzung gegenüber den Leistungen der Handelsangestellten im vergangenen Jahr spürbar", sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsbereichs Handels in der Gewerkschaft GPA, Martin Müllauer. Wenn man nicht über "spürbare Verbesserungen und Zukunftsfragen" verhandeln könne, werde jedenfalls nicht die Attraktivität der Branche verbessert.
Leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche gefordert
Die GPA fordert bei den diesjährigen KV-Verhandlungen für die Handelsangestellten - wie schon in den Vorjahren - eine leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche. Neu sind die Forderungen nach einer besseren Abgeltung bei Mehr- und Nachtarbeit, unter anderem ein Nachtzuschlag von 50 Prozent zwischen 21.00 und 6.00 Uhr, Zuschläge ab der ersten Stunde Mehrarbeit und die Fälligkeit des Mehrarbeitszuschlages schon im Folgemonat in Zeit oder Geld. Nachtarbeit nimmt laut den Gewerkschaftsvertretern vor allem im Lebensmittelhandel immer mehr zu.
WKÖ-Handelsobmann und Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik sprach nach der ersten KV-Runde von "äußerst schwierigen" Verhandlungen. "Seitens der Gewerkschaft liegen derzeit aber noch keine konkreten Gehaltsforderungen auf dem Tisch. Gefordert wird jedenfalls ein dickes Gehaltsplus und ein Zukunftsdeal mit rahmenrechtlichen Änderungen", sagte Trefelik. Die Forderungen nach zusätzlichen Zulagen und Zuschlägen könne "aber nur im Gesamtkontext beurteilt werden". Der WKÖ-Vertreter verwies auf die "sehr volatile wirtschaftlichen Situation" des Handels. "Die Infektionszahlen steigen derzeit dramatisch. Wichtige Umsatzbringer wie ausländische Touristen fehlen nach wie vor und große Veranstaltungen stehen auf der Kippe", so der Handelsobmann. Der Großhandel sehe sich mit hohen Rohstoff- und Logistikpreisen konfrontiert, die er gegenüber seinen Kunden nicht einpreisen könne. "Jetzt gilt es, mit Bedacht an die weiteren Verhandlungen heranzugehen und einen Abschluss mit Weitblick zu finden", sagte der Arbeitgebervertreter.
Freiwilliger Corona-Bonus vorstellbar
Wie im Vorjahr kann sich der WKÖ-Handelsobmann einen freiwilligen Corona-Bonus vorstellen, den wirtschaftlich erfolgreiche Händler ausschütten. Dies sei "ein Erfolgsmodell" gewesen. Die Gewerkschaft hat im Vorfeld der Verhandlungen einen freiwilligen Bonus abgelehnt und Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen gefordert. Letztes Jahr habe es "einen Krisendeal" gegeben, heuer fordere man "einen Zukunftsdeal mit einer nachhaltigen Gehaltserhöhung", so die gewerkschaftliche Chefverhandlerin.