Teilweise geschlossene Geschäfte oder Gastronomiebetriebe und extrem eingeschränkte Reisemöglichkeiten haben das Geldvermögen der österreichischen Haushalte auf ein Rekordniveau anschwellen lassen. Lag es Ende 2019 bei 742 Milliarden Euro, waren es nur eineinhalb Jahre später 37 Milliarden Euro mehr. Im Schnitt legten die Menschen im Vorjahr 14,4 Prozent ihres Einkommens auf die hohe Kante. Diese Zahlen veröffentlichte am Donnerstag die Oesterreichische Nationalbank (OeNB).
OeNB-Statistik-Chef Johannes Turner betont allerdings ausdrücklich, dass die Pandemie auch viele Haushalte finanziell massiv getroffen habe. Die Rekorde seien auf Zwangssparen zurückzuführen. "Wenn die Pandemie vorbei ist, erwarten wir Sparquoten von zehn bis elf Prozent", so Turner. Ursprünglich war sogar mit einem Rückgang auf acht Prozent gerechnet worden. Allerdings bremsen derzeit die Lieferketten-Probleme den Konsum.
Durchschnittlich 275 Euro hatten Haushalte 2020 am Monatsende mehr übrig als 2019. Ein großer Teil davon sorgte im Vorjahr für den Rekordschub bei den Geldvermögen: Auf 28,5 Milliarden Euro belief sich die in nur zwölf Monaten augebaute Summe. Im Vergleich zu 2029 war das ein Plus von 70 Prozent. "Das Geld geht natürlich nicht eins zu eins auf Sparbücher," so Turner. Aktien und Investmentzertifikate waren erstmals richtig gefragt. Immerhin flossen 6,5 Milliarden an die Börsen.
Die wichtigste Anlagekategorie bleibt die täglich fällige Einlage: 21 Milliarden Euro wurden 2020 so geparkt. Hier sieht Turner derzeit einen großen Umschichtungsprozess weg von zeitlich gebundenen Einlagen. Angesichts der realen Minuszinsen sei nun Liquidität, die sofortige Verfügbarkeit des Geldes gefragt. Wie viel Vermögen der Sparer durch die Nullzinsen und die derzeit hohe Inflation sozusagen vernichtet wird, dazu gibt es von der OeNB keine Berechnungen. Angesichts der enormen Vermögen geht es Schätzungen zufolge um zweistellige Milliardenbeträge. Die Verschuldung änderte sich übrigens während der Pandemie kaum.
Trend zu Aktien weiter stark
Der Trend zu Aktien und Investmentzertifikaten setzte sich im ersten Halbjahr 2021 so stark fort, dass sich die Veranlagungen in Aktien & Co und der Zufluss zu den Tageseinlagen inzwischen fast die Waage halten. Turner räumt ein, dass man derzeit nicht einschätzen kann, ob das ein langfristiger Effekt ist oder dieses Anlageverhalten auch auf die Pandemie zurückzuführen ist. "Die Gründe, in Aktien zu investieren, sind vielschichtig", sagt der OeNB-Experte. Das Zinsumfeld und die Werbemaßnahmen der Banken seien nur zwei von vielen Faktoren.
Wer übrigens die starken Kurseinbrüche zu Beginn der Pandemie für einen Einstieg in die Welt der Aktien nutzte, hatte zum Stichtag Ende Juni 2021 richtig gut verdient. Netto seien in dieser Zeit elf Milliarden Euro an Kursgewinnen erzielt worden. Turner: "Da konnten Haushalte hohe Gewinne mitnehmen." Inzwischen halten 13 Prozent der Österreicher Aktien oder ähnliche Wertpapiere.
Claudia Haase