Ursprünglich hätte die Einführung des Einwegpfands am vergangenen Freitag in einer eigenen Pressekonferenz präsentiert werden sollen. Sie fiel der Regierungskrise zum Opfer. Und ohne ein Zusammenraufen der ÖVP und Grünen wäre das Projekt auf den letzten Metern der Zielgerade hängen geblieben. Nach dem langem Ringen um diese Lösung kommt nun Lob von sehr vielen Seiten. Besonders bemerkenswert ist der große Applaus vom Fachverband der Chemischen Industrie. Die Kunststoffindustrie arbeite seit Jahren intensiv an der Forcierung von Recycling. Das Pfand sei einer von vielen notwendigen Schritten zu einer umfassenden Kreislaufwirtschaft.

Ganz ohne Pressekonferenz, am Mittwoch in der Früh, brachte Klimaministerin Leonore Gewessler die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes und damit das Einwegpfand durch den Ministerrat. Es war ein Herzensprojekt der Ministerin, für das im Umweltministerium hinter den Kulissen fast zwei Jahre lang gearbeitet wurde. In einem ersten Schritt hatte Gewessler im Frühjahr eine Mehrwegquote für alle Spieler im Handel inklusive Diskonter ab 2024 durchgebracht. Jetzt ist es auch fix, dass ab Jänner 2025 auf PET-Einwegflaschen und Getränkedosen ein Pfand eingehoben wird, das bei Rückgabe der Behälter retourniert wird. Die Pfandhöhe wird Teil der Verhandlungen sein, wie das neue System dann im Detail umgesetzt wird.

ARA hatte sich heftig quer gelegt

Gegen das Pfand hatte sich die ARA Abfall Recycling Austria heftig quer gelegt, mit ihr war stieg dann auch die Wirtschaftskammer als mächtiges Sprachrohr in den Ring. Das System sei zu teuer und benachteilige kleine Händler, das waren nach außen die beiden Hauptargumente. Die angebliche Front der Händler gegen das Pfand bröckelte allerdings spätestens seit dem Mehrwegquoten-Beschluss. Hinter vorgehaltener Hand hielt sich das Verständnis der deutschen Lebensmittelkonzerne Rewe, Lidl und der Aldi-Tochter Hofer für die Vehemenz der Wirtschaftskammer schon länger in Grenzen, denn in Deutschland gibt es schon seit 2003 ein Einwegpfand, das bestens funktioniert

Kommentar von Claudia Haase

Hinter den Kulissen wechselten immer mehr einstige Pfandgegner die Seite. Vor zwei Wochen dann der Durchbruch: Rewe, Hofer und Lidl preschten vor, vor allem hatten die mächtigen Konzerne die gesamte Getränkeindustrie an Bord. Inklusive Ottakringer mit Vöslauer sowie Red Bull, die lange ablehnend waren. Der Gründer der Österreichischen Pfandgesellschaft, Christian Abl, spricht von einem Meilenstein in der österreichischen Umweltpolitik. Er berichtet von einem fast zwei Jahre dauernden konstruktiven Dialog, in dem es gelungen sei, die anfangs kritischen Wegbegleiter zu überzeugen. Die Entscheidung sei ein kräftiger Impuls für eine moderne und nachhaltige Kreislaufwirtschaft. 

Das Pfand werde zu weniger Müll in der Natur und mehr Recycling führen, so das Ministerium. "Dann können wir besser Recyceln und dafür sorgen, dass aus einer Flasche wieder eine Flasche wird", so Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Schon ab 2024kehrt das verbindliche Mehrwegangebot schrittweise in die Geschäfte zurück. Ab dann soll es wieder in allen Supermärkten wiederbefüllbare Getränkegebinde geben. Und das auch in allen Kategorien – vom Bier bis zur Milch, aber auch bei Säften oder Mineralwasser.

Wie die nächsten konkreten Schritte aussehen? Nach dem Beschluss im Ministerrat wandert die Gesetzesnovelle zunächst einmal ins Parlament. Gibt's auch dort grünes Licht, was zu erwarten ist, will das Klimaschutzministerium gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern aus der Wirtschaft die "Details des Pfandsystems erarbeiten", wie es aus dem Ministerium heißt. "Unser Ziel ist es, rasch Klarheit und Planungssicherheit zu schaffen und bald die ersten Schritte zur Müllvermeidung zu setzen", so Gewessler.

"Pfand macht Wert sichtbar"

Jedes Jahr fallen in Österreich über 900.000 Tonnen Plastikmüll an, rund 50.000 Tonnen davon sind nur Getränkeverpackungen. Rund 2,5 Milliarden Flaschen und Dosen werden in Österreich pro Jahr verkauft. Von denen landeten immer noch zu viele in Straßengräben oder anderswo in der Natur. 

"Kunststoffe sind wertvolle Rohstoffe und zu schade, um sie einfach wegzuwerfen," so Helmut Schwarzl, Obmann der Kunststoffindustrie innerhalb des Fachverbandes der Chemischen Industrie. Schwarzl: "Das Pfand macht diesen Wert nun sichtbar." Das sei eine der wirksamsten Maßnahmen gegen Littering. 

Der Diskonter Hofer zeigt sich "stolz, Teil dieser nachhaltigen Lösung zu sein". Mit Mehrwegflaschen wird bereits seit drei Monaten ein Test in acht Filialen rund um Wels durchgeführt. Dabei gibt es Rückgabemöglichkeiten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Märkte, um zu sehen, was Kunden bevorzugen.

Rückgabe soll sich nicht auf Handel beschränken

Die ARA pocht auf eine Einbettung des Pfands in ein Gesamtkonzept Richtung Kreislaufwirtschaft. Die Rolle der ARA dürfte dabei aber völlig neu definiert werden. "Das Pfand ist nur ein Teilaspekt zur Erreichung der EU-Ziele und für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft", so ARA-Vorstand Christoph Scharff. Die Rückgabemöglichkeiten für Flaschen und Dosen sollten sich aber nicht auf den Handel beschränken, mahnt die ARA ein, nicht zuletzt, weil sie mit dem Entsorgungsunternehmen Saubermacher eine digitale Lösung entwickelt hat, bei der Konsumenten mit Hilfe einer APP die Flaschen scannen und in den ARA-Container werfen können.

Auch schwingt in der Reaktion der ARA Sorge mit, was jetzt mit dem System des gelben Sacks oder der gelben Tonne passieren könnte. Als sicher gilt, dass so gesammelte Kunststoff-Abfälle von hochmodernen Sortieranlagen künftig viel besser in einzelne Fraktionen getrennt werden können und damit vom Brennstoff oder Deponiemüll zum wertvollen Rohstoff für die Kunststoffindustrie werden.