Die Geschäfte in den steirischen Gewerbe- und Handwerksbetrieben laufen weiterhin gut, wie die jüngste Konjunkturbefragung der KMU Forschung Austria zeigt. Im ersten Halbjahr meldeten 33 Prozent der Betriebe Steigerungen um durchschnittlich 19,6 Prozent, bei 45 Prozent der Betriebe lagen die Auftragseingänge und Umsätze auf Vorjahresniveau, 22 Prozent der Betriebe verzeichneten Rückgänge um durchschnittlich ein Fünftel. Auch im dritten Quartal wird die Geschäftslage als weitgehend gut eingeschätzt und für das letzte Jahresviertel überwiegen auch die optimistischen Einschätzungen. Insgesamt nähere man sich langsam wieder dem Vorkrisenniveau an, so Spartenobmann Hermann Talowski.
Auf Basis der Rückmeldungen aus den Betrieben lautet sein Befund aber auch: „Eine nachhaltige Konjunkturerholung ist auf Basis dieser Ergebnisse keineswegs in Stein gemeißelt.“ Die Auftragsdynamik habe zuletzt etwas nachgelassen, Ewald Verhounig, Leiter des Instituts für Standortentwicklung (IWS) der steirischen Wirtschaftskammer, verweist auch auf die „enormen Rohstoffpreise und Lieferengpässe und die daraus resultierende Kostendynamik“.
In Hinblick auf die nahenden KV-Verhandlungen wird daher Besonnenheit eingemahnt, „weite Teile des Wachstums sind auf Nachzieheffekte zurückzuführen, große Produktivitätssprünge können wir nicht festmachen. Ein Abschluss jenseits von drei Prozent, wie immer wieder zu vernehmen ist, wäre wirtschaftlich nicht darstellbar“, so Talowski.
"Staat sollte nicht überproportional profitieren"
Laut einer IWS-Analyse würde eine dreiprozentige Erhöhung die Brutto-Lohn- und Gehaltssumme allein in der Steiermark um 700 Millionen Euro anwachsen lassen. „Das würde nicht nur die Kostensituation der Betriebe verschärfen, sondern auch die Inflationsgefahr weiter anheizen“, so Talowski. Aus seiner Sicht sei es ohnehin Zeit für ein neues Modell, weil ein Aspekt aus seiner Sicht zu häufig übersehen werde: „Einen Gutteil dieser Erhöhung kassiert der Staat. Jede Erhöhung bei einem KV-Abschluss spült automatisch Geld in die Kassen von Finanzamt und Gesundheitskasse.“ Die Sparte schlage daher vor, „dass der Staat zumindest temporär auf Teile der Lohnnebenkosten im Segment des 13. und 14. Monatsgehalts verzichtet“. Dies würde den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern netto in Prozenten genauso viel bringen wie der Tariflohnabschluss, „den Beschäftigten muss netto mehr Geld übrig bleiben“. Talowski spricht sich auch für eine rasche Abschaffung der kalten Progression aus.
Peter Meiregger, Studiengangsleiter an der FH Campus 02, rechnet vor, dass, bezogen auf das österreichische Bruttomedianeinkommen (2019: 2741 Euro), einem Arbeitnehmer bei einer KV-Erhöhung auf Basis dieses neuen Ansatzes 163,36 Euro netto mehr blieben als derzeit. Als wesentliche Hebel im Lohnnebenkostenbereich sieht Meiregger auch die Reduktion der Beitragssätze für Kranken- und Arbeitslosenversicherung auf Sonderzahlungen von derzeit 6,87 Prozent auf vier Prozent. „Der Staat sollte nicht überproportional von KV-Erhöhungen profitieren.“