Pro: Direkter Nutzen für Unternehmen und Mitarbeiter
Der Schutz und die Gesundheit von Beschäftigten sind am wichtigsten. Die 3G-Regel leistet dazu einen Beitrag. Wo viele Menschen zusammenkommen, darf es durchaus einen Verhaltenskodex mit Ansprüchen geben.Josef Bogensperger (56), leitender Risikomanager des Verbund-Konzerns.
Verbund als größtes heimischer Energieunternehmen hat bereits zu Beginn der Pandemie zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Der Schutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Zuverlässigkeit der heimischen Strom-Infrastruktur erfordern energische Sicherheitsmaßnahmen. Die Gesundheit unserer Mitarbeiter und ihrer Angehörigen ist dabei die wichtigste Säule. Aus regelmäßiger interner Kommunikation, gestützt auf Umfragen und Kontakt mit der Belegschaftsvertretung wissen wir, dass unser Personal überdurchschnittlich aufmerksam ist, was das Pandemiegeschehen angeht.
Dazu gehört eine Fülle von mitunter belastenden Vorsichtsmaßnahmen. Gratis-Tests und vor allem unsere betriebliche Impfung haben hier einen wesentlichen Beitrag geleistet. Zusammen mit den Gesundheitsbehörden konnten wir allen unseren Mitarbeitern im Juli ein Informations- und Impfangebot machen. Führungskräfte gingen mit gutem Beispiel voran. Aufgrund des Zuspruchs und anonymer interner Befragungen wissen wir, dass die Durchimpfung bei Verbund weit über dem österreichischen Durchschnitt liegt. Wo Menschen sich begegnen, darf es neben den unausgesprochenen Geboten der Höflichkeit und Fairness durchaus einen Verhaltenskodex mit Ansprüchen geben. Wichtig ist, dafür einen breiten Konsens zu erzielen. Verbund hat diesen Weg beschritten und mit dem Betriebsrat gemeinsam eine 3-G-Regelung vereinbart. So können die Mitarbeiter sicher gehen, dass ihre Privatsphäre gewahrt bleibt, aber dennoch ein System der Überwachung zum gemeinsamen Schutz existiert.
Dies ist auch ein Dank an alle, die in der Krise solidarisch mit Risikogruppen gehandelt haben und sich impfen ließen. Damit leisten wir über den direkten Nutzen für unser Unternehmen einen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Bewältigung der Pandemie.
Für Kraftwerksstandorte, Warten, Baustellen oder den Hauptlastverteiler mit einer 24/7-Anwesenheit gelten eigene Schutzkonzepte, die ebenfalls die 3G-Regel und darüber hinaus Teamtrennungen vorsehen. Dank eines bewährten Systems von Homeoffice bleiben unsere Büros moderat ausgelastet. Dies reduziert zudem das Risiko einer möglichen Exposition z. B. in öffentlichen Verkehrsmitteln am Arbeitsweg. Im Sinne der Krisenbewältigung denken wir bereits einen Schritt weiter und bieten im Unternehmen gratis die Möglichkeit zur Bestimmung neutralisierender Antikörper, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig ihren Immunstatus zu informieren und den Bedarf für Impfbooster zu erkennen.
Kontra: Diskussionswürdige Punkte bei Umsetzung
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer 3G-Regel am Arbeitsplatz. Die Maßnahme soll wohl weiter Druck auf Ungeimpfte ausüben, ohne gesundheitlichen Nutzen. Grundrechte müssen gewahrt bleiben. Armin Strussnig (50), Geschäftsführer der Strussnig GmbH sowie des Fensterherstellers Rekord.
3G am Arbeitsplatz ist ein interessantes Konzept, ich sehe in der Zielsetzung und Umsetzung diskussionswürdige Punkte. Bei meinem Fensterbaubetrieb mit mehr als 200 Mitarbeitern, sind 50 Prozent Monteure oder Außendienstmitarbeiter, die vom Arbeitsplatz oft direkt auf die Baustelle fahren. Wie sollen wir die Tests überprüfen? Ganz zu schweigen vom Testaufwand, der oft mehr als 20 Prozent der Arbeitszeit beträgt. Wer zahlt diesen Aufwand? Wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Gesundheitsdaten stehen unter besonders strengem Schutz. Die Forderung, diese Daten von meinen Mitarbeitern zu erfassen und zu speichern, steht im klaren Widerspruch dazu.
Wieso müssen sich Genesene mit hohen Antikörpern ständig testen lassen und Geimpfte nicht, obwohl wir wissen, dass die Impfung nicht vor der Infektion schützt? Mir erscheint die Maßnahme als reiner Druck auf Ungeimpfte ohne gesundheitlichen Nutzen. Dass es der Regierung nicht um die Gesundheit der Menschen geht, zeigt, dass sie diese Maßnahme bis nach den Wahlen in Oberösterreich und Graz verschoben hat, um nicht noch mehr Wählerstimmen zur FPÖ und MFG zu treiben. Wäre sie ehrlich um das Wohl der Menschen besorgt, würden sie keine wahltaktischen Spiele treiben. Ich als Steuerzahler bin empört über die bisherigen Testkosten von zwei Milliarden Euro. Diese Kosten sollen jetzt auch noch zum Teil auf die Ungeimpften überwälzt werden. Dies wird viele Fachkräfte, Lehrer und Pfleger in die Arbeitslosigkeit oder in andere Branchen treiben, obwohl jetzt schon Mangel herrscht. Die Regierung übersieht, dass es sich dabei nicht nur um wenige Spinner, sondern um einen substanziellen Anteil an der Bevölkerung handelt und treibt die Spaltung der Gesellschaft weiter voran.
Wie könnte ein Ausweg aus der verfahrenen Situation aussehen? Ich wünsche mir eine Rückkehr zu einem konstruktiven Miteinander, einer Politik, die transparent und basierend auf Daten, Fakten und Zahlen agiert und nicht in gute und schlechte Wissenschaft trennt. Auch abweichende Wege wie z. B. die von Schweden oder Dänemark sollen unvoreingenommen evaluiert werden. Das alles auf Basis der Würdigung der Grundrechte jedes Einzelnen. Das bedeutet auch, die freie Entscheidung darüber, sich medizinisch behandeln zu lassen. Wir müssen akzeptieren, dass Menschen sterblich sind, dass sie verunglücken, an Krebs oder Herzinfarkt oder eben auch an einer Atemwegsinfektion sterben – wir müssen die Risiken des Lebens akzeptieren lernen und nicht aus Angst davor auf das Leben verzichten.