Größte Industrie-Baustelle Europas, modernstes Chipwerk der Welt: Das im Endausbau 1,6 Milliarden teure Bauwerk der Superlative in einer Betonhülle, in der Weichen für eine grüne Zukunft gestellt werden. Im neuen Werk von Infineon in Villach, spezialisiert auf 300-Millimeter-Dünnwafer, sollen Halbleiter für 25 Millionen Elektroautos produziert werden. 400 hoch qualifizierte Arbeitsplätze entstehen.
Eröffnet wird die Zwillingsfabrik zu einem Werk in Dresden nächsten Freitag, drei Monate früher als geplant. Zu einem Zeitpunkt, zu dem weltweit Produktionen in Automobilwerken stillgelegt oder zurückgefahren werden müssen, weil der Nachschub an elektronischen Bauteilen fehlt, also keinen Moment zu früh. Einen Teil der 60.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche – die genaue Zahl ist noch unter Verschluss – nimmt das Allerheiligste der Halbleiterei, der Reinraum ein. Die Luft ist hier um den Faktor 100.000 reiner als in den Bergen, um den Faktor 1000 verglichen mit einem OP-Saal.
Smarte Waffe im Kampf gegen die Klimakrise
Kilometerlang beschickt dort ein voll automatisiertes Overhead-Transportsystem in fünf Meter Höhe die Produktionsanlagen mit Losen, die Maschinen wählen für die Wafer eigenständig die korrekte Verarbeitung. Bis zur Fertigstellung eines Wafers braucht es rund 1000 Arbeitsschritte. Die Produktion einer Scheibe, aus der am Schluss die Mikrochips herausgesägt werden, dauert acht bis zwölf Wochen. Die hier erzeugten Superchips haben einen grünen Auftrag – als Hightech-Waffe im Kampf gegen die Klimakrise.
Im Geschäftsjahr 2020 erzeugte Infineon 8,45Milliarden Chips in 1800 verschiedenen Produkttypen in Villach. Wie viele im neuen, vollautonomen Werk, intern „Halle 18“ genannt, auf, gefertigt werden, ist noch geheim. Das zusätzliche Umsatzpotenzial soll bei vollständiger Auslastung der neuen Chipfabrik jedenfalls um 1,8 Milliarden Euro pro Jahr steigen.
Spatenstich vor weniger als drei Jahren
Seit am 10. November 2018 Roboter „Panda“ mit prominenter Unterstützung den historischen Spatenstich setzte, ist viel geschehen. Coronakrise, Verschärfung der Klimakrise und eine sich auftürmende Welle bei der Nachfrage nach Halbleitern bescherten Vorstandschefin Sabine Herlitschka, Produktionsvorstand Thomas Reisinger und Finanzvorstand Oliver Heinrich wohl emotionale Berg- und Talfahrten. In Spitzenzeiten arbeiteten bis zu 1000 Menschen auf der Fabrik, teils ausgewiesene Spitzenfachkräfte aus halb Europa.
Infineon investiert 1,6 Milliarden Euro am Standort Villach
Zum 51. Jubiläum des Villacher Hightech-Standortes von Infineon, den Siemens 1970 auf einer Müllhalde und mit einer Holzbaracke begründete, beschenkt der deutsche Halbleiterkonzern sich - aber auch Kärnten, Österreich und Europa, das auf dem verloren geglaubten Schlachtfeld der Halbleiterindustrie einen Terraingewinn verzeichnet. Ob der Versuch, der übermächtigen asiatischen Konkurrenz die Stirn zu bieten, letztlich gelingt, bleibt abzuwarten.
Eine Phalanx an Ehrengästen wird anlässlich der Eröffnungsfeier diese neue Ära einläuten: Erwartet werden zum Festakt Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Bundeskanzler Sebastian Kurz, die Minister Martin Kocher, Leonore Gewessler und Margarete Schramböck sowie Infineon Technologies-CEO Reinhard Ploss. Die Eröffnungszeremonie hat einen bezeichnenden Namen: „Bereit für die Mission Zukunft.“ Der Countdown läuft.