Es ist Anfang September, die heiße Phase des Sommers ist zu Ende, jene der vierten Coronawelle steht uns noch bevor. Und damit auch schicksalhafte Wochen für die österreichische Wirtschaft. Schicksalhaft freilich nur, wenn wir abermals in einen Lockdown müssten. Das wäre dann für so manche Unternehmen, vielleicht sogar für Branchen der Todesstoß. So schlimm sollte es aber hoffentlich nicht kommen. Die Durchimpfungsrate lässt zu wünschen übrig, ist aber doch gerade so hoch, dass es einen scharfen Lockdown nicht mehr brauchen dürfte. Ganz ohne Maßnahmen wird es nicht gehen; die Regierung lässt sich leider wieder einmal viel Zeit.
Augenblicklich geht es der Wirtschaft gut, um nicht zu sagen: besser als erwartet. "Viele Wirtschaftsbereiche haben die Krise bereits hinter sich gelassen", sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Donnerstag. Im Vergleich zum Vorjahresquartal legte die Wirtschaftsleistung um 12,0 Prozent zu, das Vorkrisenniveau von 2019 ist fast erreicht. Dieser rasche Turnaround war in der Krise von vielen Unternehmern, Branchenvertretern und Ökonomen erst für 2022 vorausgesagt worden. Das darf man auch als Zeichen für eine im Kern gesunde und robuste österreichische Wirtschaft sehen.
"Es ist aber ein genauer Blick notwendig", sagte Peter Voithofer, Wirtschaftsforscher des Economica Institutes, und bezog sich dabei auf die Halbjahresbilanz des Handels. Auch hier gilt, dass die Krise abgeschüttelt wurde, aber nur gesamthaft; im Detail offenbaren sich einige Baustellen. "Es gibt große Divergenzen", verweist Voithofer auf den Mode- und Textilhandel, der in zweifacher Hinsicht ein Opfer der Pandemie geworden ist.
Einerseits nagt der nach wie vor anhaltende Onlineboom an den Frequenzen in den stationären Boutiquen, andererseits haben Homeoffice und abgesagte Veranstaltungen die Lust am Shoppen zumindest gedämpft. Ein Grund, warum insbesondere der Handel "einen weiteren Lockdown gar nicht andenken will", wie Gerhard Wohlmuth, Branchenvertreter in der Wirtschaftskammer, erklärt: "Jede andere Maßnahme wäre besser."
Während die Geschäfte mit Möbel und Heimwerkbedarf blühen und die Nachfrage bei E-Geräten und Autos wegen des Chipmangels teilweise gar nicht bedient werden kann, bleiben die nächsten Monate für den Modehandel weiter herausfordernd. Grund für Optimismus gibt es aber immer. Die Konsumausgaben der privaten Haushalte dürften österreichweit weiter ansteigen und die Sparquote zurückgehen. Diese Prognose Voithofers für das zweite Halbjahr sollte nicht nur kämpfenden Händlern Mut machen, sondern auch anderen Wirtschaftszweigen, die - zum Beispiel Beherbergung, Gastronomie, Kultur - noch mitten in der Aufholjagd stecken