Bitpanda wurde als Coinimal 2014 gegründet. Damals gerieten Kryptowährungen erstmals in den Fokus der Öffentlichkeit, auch weil die FMA vor Bitcoin warnte. Wie war es, in einem solchen Umfeld zu starten?
PAUL KLANSCHEK: Damals war jeder Artikel über Bitcoin negativ. Es gab aber damals schon eine eingeschworene Community – die hatte aber keine einfachen und sicheren Wege, Bitcoin zu kaufen. Manche gingen Betrügern auf den Leim, es gab unregulierte Börsen. Es war ein Desaster. Wir haben beschlossen, dass wir die Alternative schaffen wollen.
Es gibt über 11.000 Coins, Tokens und noch mehr. Bitpanda war stets zurückhaltend mit der Aufnahme neuer Kryptowährungen. Warum?
Wir waren sehr restriktiv und wollten nur Coins anbieten, an die wir glauben. Das war der Luxus der Vergangenheit, jetzt besteht die Nachfrage nach kleineren, spekulativeren Coins.
Jetzt sind es 70 – wie viele Kryptoangebote werden sollen es werden?
Vielleicht sogar Tausende in den nächsten Jahren, wir lassen den Kunden die Wahl.
Fälle wie Onecoin, Bitclub Network oder Optioment werfen ein schlechtes Licht auf Krytpowährungen. Wie viele Kryptoangebote sind eigentlich Betrug?
Pyramidenspiele sind seit 50 Jahren extrem erfolgreich und haben schnell die Vorteile von Bitcoin erkannt – und den positiven Charakter von Bitcoin missbraucht. Das wird es immer geben. Ich rate dazu etwas paranoid zu sein, wenn etwas zu gut klingt. Die Leute schalten leider manchmal das Hirn aus.
Sie sind ein Fan von starken Regularien und strenger Aufsicht?
Ich würde es nicht so formulieren. Aber es ist die einzige Möglichkeit, langfristig nachhaltig zu bestehen. Wir arbeiten stark mit Banken und anderen regulierten Instituten zusammen, die dürften das nicht, würden wir diese Schritte nicht setzen.
Wie weit muss Regulierung in der Kryptoindustrie gehen?
Ich bin für smarte Regulierungen. Manche Regelungen in Österreich und anderswo schießen über das Ziel hinaus. Manchmal ist Aufklärung und Information der bessere Weg. Krypto ist noch nicht stark reguliert, aber das kommt immer mehr. Wenn man die ganze Innovation und Industrie tötet, hat man sich auch keine Freunde gemacht: Die Firmen gehen dann weg in Nachbarländer, den Kunden ist es egal, sie machen das weltweit. Und Österreich schaut durch die Finger.
Sie sind skeptisch, wenn Finanzminister Gernot Blümel unlängst wieder mehr Regulierung für Kryptowährungen forderte?
Krypto sollte nicht dazu sein, Finanzregeln auszuhebeln: Terrorismusbekämpfung, Steuerhinterziehung, Geldwäsche. De facto ist Krypto transparenter als Bargeld oder Geld am Bankkonto: Jeder kann die Transaktion nachvollziehen, mit ein bisschen Recherchearbeit weiß man sogar, wer das war. Das ist, als stünde es in der Zeitung. Smarte Regulierung kann ruhig härter sein. Die Umsetzung kann gut oder schlecht sein.
Sie gehen davon aus, dass der Markt deutlich zulegen wird?
Viele wetten darauf, dass die ganze Industrie weiterwächst – ich schätze, wir sind in zehn Jahren zehn oder hundertmal so groß wie jetzt.
Was halten Sie von der weit verbreiteten Ansicht, wonach die nächste Finanzkrise in der Kryptoindustrie ihren Ausgang nimmt?
Davon halte ich sehr wenig. Die Finanzindustrie hat ihre Krisensituationen, weil das Ganze mit ausgeborgtem Geld funktioniert. Wenn nur eines der Institute Probleme bekommt, sind die Verschuldungsverflechtungen so groß, dass es viele betrifft. Es gibt aber keine Kryptokredite. Jeder Bitcoin existiert nur einmal – und nicht, wie bei Geld, hundertfach. Man hat bei einem Bankrott-Szenario nie diese Probleme. Bitcoin werden auf absehbare Zeit volatil sein. Aber 30, 40 Prozent Kurskorrektur bedeuten dort keine Krise, anders als bei Aktien.
Bitpanda wächst mit hohem Tempo – wo sehen Sie Ihr Unternehmen in fünf Jahren?
Wir wollen mit unserer letzten Finanzierungsrunde unser starkes Wachstum fortsetzen. Wir wollen nicht vom Markt abhängig sein, um unsere Vision umzusetzen. Wir werden sehr stark in eine Investmentplattform investieren. Wir möchten quasi für die Kunden die Anlaufstelle sein, wenn man etwas mit Investieren macht, dann soll das bei uns sein.
Ein Anbieter für alles?
Die nächste Generation, die heranwächst, braucht nur mehr ein Bitpandakonto und vielleicht ein Girokonto. Alles, was mit Sparen und Investieren zu tun hat, findet bei uns statt. Da ist noch ein großer Wachstumsweg vor uns. Wir haben jetzt 550 Mitarbeiter, um ganz Europa bedienen zu können, müssen wir zehnmal so groß sein.
Sie und Ihre Gründer-Kollegen Eric Demuth und Christian Trummer halten weiter mehr als Hälfte der Anteile und sind, gemessen am Wert Ihrer Anteile, Milliardäre. Wie ändert sich dadurch?
Am Papier hat man sehr viel Geld, im echten Leben schaut das anders aus. Als wir starteten, haben wir uns die ersten drei Jahre gar kein Gehalt ausbezahlt, lebten vom Ersparten.
Sie haben in Österreich gegründet – eine gute Entscheidung?
Bei Krypto hat es 2014 kein gutes Land gegeben, es gab nirgendwo Rechtssicherheit, keine Behörde wollte mit uns reden, wir wurden ignoriert. Als Start-up ist Österreich nicht optimal, da gibt es viele Hindernisse.
Welche konkret?
Man braucht relativ viel Kapital, es ist sehr mühselig und zeitintensiv. Besonders bei digitalen Ideen: Wenn man sich einen Tag mit Bürokratie auseinandersetzen muss, wäre es schon zu viel, in Österreich sind es einige Wochen. Und es ist auch nicht billig. Wenn man EU-Ausländer anstellen will, gibt es massive Probleme.
Was ist Ihnen persönlich im Leben und im Management wichtig, worauf kommt es Ihnen an?
Man muss sich mit seinen Entscheidungen auf eine Bühne stellen können und diese präsentieren, ohne dass man rot wird. Das ist oft gar nicht so einfach. Unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen bereut man später oft.