Die Metallgewerkschafter gehen "mit hohen Erwartungen" in die Herbstlohnrunde und peilen laut Rainer Wimmer, dem Chef der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, einen Abschluss an, "bei dem es ordentlich rascheln muss". Gegenüber den "SN" verwies er auf die Erholung der Wirtschaft: Die Auftragsbücher der Unternehmen seien gut gefüllt. Ähnlich klingt auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian im Interview mit der Kleinen Zeitung. Und die Aussichten für 2022 seien noch besser, so Wimmer. Dem widerspricht die Arbeitgeberseite. Startschuss ist am 23. September.
Die PRO-GE verweist darauf, dass man im Vorjahr mit dem moderaten Abschluss in der Höhe der damals zugrunde gelegenen Inflation von 1,45 Prozent Verantwortung bewiesen habe, heuer müsse es einen deutlichen Reallohnzuwachs geben. Im Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate seien es aktuell 1,7 Prozent, heißt es in dem Bericht. Allerdings verweisen Experten, etwa Josef Baumgartner vom Wifo, darauf, dass die bei 2,2 Prozent für heuer und 2,0 Prozent für 2022 liegenden Jahresdurchschnitts-Inflationserwartungen der Institute wohl nicht zu halten sein werden, sondern erhöht werden müssen.
Knill dämpft Erwartungen der Gewerkschaft
Arbeitgebervertreter Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), dämpft in den "SN" jedenfalls die Erwartungen der Gewerkschaft: Man könne noch nicht von einem breiten Aufschwung reden, im besten Fall erreiche man wieder das Niveau von 2019. Man sollte daher "auf dem Boden der Realität bleiben", so Knill. Er verweist darauf, dass viele Unternehmen mit hohen Preisen für Vormaterialien konfrontiert seien, auch in den Lieferketten stocke immer noch der Nachschub. Zudem verweist Knill auf die in Österreich relativ hohen Lohnstückkosten, man müsse daher darauf achten, die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden.
Nach Meinung von Wifo-Chef Christoph Badelt befindet sich die Arbeitnehmerseite bei den bevorstehenden Lohnrunden in einer stärkeren Position als in den letzten Jahren. Einerseits sei die Inflation höher, es seien aber auch die Reallohnerhöhungen in den letzten Jahren kleiner gewesen als die Produktivitätssteigerungen. "Das heißt ich rechne schon mit höheren Lohnrunden", sagte Badelt am Sonntagabend in der ZiB 2 des ORF-Fernsehens. Das müsse jedoch nicht zu einer galoppierenden Inflation führen, wenn man hier mit Maß und Ziel ans Werk gehe.
Elemente einer Lohn-Preis-Spirale
Durchaus die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale sieht dagegen der Chefökonom der Industriellenvereinigung (IV), Christian Helmenstein. Er hält die Gründe für die momentan hohe Inflationsrate nicht nur für vorübergehend, etwa was Material- und Transportkosten angeht. "Da sehe ich schon Elemente einer Lohn-Preis-Spirale auf uns zukommen", meinte er zur "Presse": "Das wird auch Gegenstand der Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst und im Frühjahr sein."
"Entscheidung zwischen den Sozialpartnern"
Die Lohnabschlüsse würden wohl höher sein als die 1,45 Prozent vom Vorjahr, meinte Wifo-Chef Badelt im Fernsehen auf eine Frage, wollte sich aber nicht genauer festlegen, "weil der Wirtschaftsforscher sich hier heraushält". Das müsse politisch zwischen den Sozialpartnern entschieden werden, meinte der Wifo-Chef, dem mit Anfang Oktober am Wirtschaftsforschungsinstitut der aus Österreich stammende Ökonom Gabriel Felbermayr, derzeit Präsident am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, nachfolgt.
"Schuldenberg abbauen ist kein Problem"
Sollte es im Herbst noch einmal zu einem Corona-Lockdown kommen, was er nicht hoffe, werde man die betroffenen Unternehmen und Beschäftigten wieder unterstützen müssen, sagte Badelt, der auch Präsident des Fiskalrats ist. Österreich werde sich das leisten müssen: "Ich glaube, es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Wir haben Gott sei Dank vor der Coronakrise sehr gute Staatsfinanzen gehabt." Später den Schuldenberg abzubauen, sei kein Problem. "Das wirkliche Problem ist, dass wir zusätzliches Geld für Investitionen im Klimabereich, in der Pflege brauchen, dass die Pensionen mehr Geld brauchen und dergleichen mehr. Und da wird es dann schwierig sein, politische Kompromisse zu finden."