Die europäischen Leitbörsen haben am Donnerstag klare Kursverluste verbucht. Einerseits lasteten die teils deutlichen Abschläge an den asiatischen Börsen auf der Marktstimmung. Andererseits steigen auch erneut die Sorgen vor einer geldpolitischen Straffung der US-Notenbank noch in diesem Jahr.

Der Euro-Stoxx-50 ging mit einem klaren Minus von 1,54 Prozent bei 4.124,71 Punkten aus dem Handel. Für den Frankfurter DAX ging es unterdessen um 1,25 Prozent auf 15.765,81 Einheiten nach unten. Auch die Wiener Börse hat mit klar schwächerer Tendenz geschlossen. Der ATX rutschte 78,8 Punkte oder 2,17 Prozent auf 3.557,67 Einheiten ab. In London schloss der FTSE-100 mit Abschlägen von 1,54 Prozent bei 7.058,86 Einheiten.

Die Protokolle der vergangenen Zinssitzung der US-Notenbank wurden am Donnerstag am Markt nicht gut aufgenommen. Ökonomen deuten bestimmte Aussagen in dem Protokoll so, dass eine Mehrzahl der Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses der Fed noch in diesem Jahr eine Reduzierung der Anleihekäufe anstrebe. Bereits in den vergangenen Wochen und Monaten hatten gute Konjunkturdaten und die stark gestiegene Inflation die Sorgen vor einer baldigen geldpolitischen Straffung der Fed genährt.

Am Donnerstag veröffentlichte Konjunkturdaten aus den USA zeichneten ein gemischtes Bild. Einerseits wurden in der Vorwoche weniger Erstanträge aus Arbeitslosenhilfe in den USA gestellt als von Experten erwartet. Andererseits hat sich das Geschäftsklima in der US-Region Philadelphia im August überraschend eingetrübt.

Schärfere Regulierung des Internetsektors in China

Die chinesische Regierung hat zuletzt eine schärfere Regulierung des Internetsektors angekündigt und damit für klare Kursverluste an den asiatischen Börsen gesorgt. Peking will damit offenbar den Zugriff auf die milliardenschwere Technologiebranche des Landes verstärken. Unter den größten Verlierern am asiatischen Markt fanden sich auch die Titel von Tencent. Das sorgte wiederum bei den im Euro-Stoxx-50 notierten Aktien der niederländischen Holding Prosus für Kursverluste von 4,7 Prozent, da Prosus einen Anteil an Tencent hält.

Zudem kündigte die Regierung in Peking an, gegen übermäßige Unternehmensgewinne und Vermögensungleichheiten vorgehen zu wollen. Diese Nachricht belastete offenbar vor allem den Luxusgütersektor. Im Eurozonen-Leitindex gaben die Titel von LVMH um klare 6,4 Prozent nach und Kering verloren noch deutlichere 9,5 Prozent.

Aus Branchensicht waren im Euro-Stoxx-50 am Donnerstag neben Aktien von Luxusgüterkonzernen vor allem Rohstoff- und Ölwerte wenig gesucht. Für die Papiere des französischen Ölkonzerns Total ging es um deutliche 3,8 Prozent nach unten.

Ein sattes Kursplus von 5,8 Prozent bauten hingegen die Aktien des niederländischen Zahlungsdienstleisters Adyen. Der verstärkte Trend zum Zahlen mit Karte und Smartphone treibt das Unternehmen weiter an. Im ersten Halbjahr wickelte Adyen Zahlungen von 216 Milliarden Euro ab, was einem Plus von zwei Drittel gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.

Schwacher Öl-Sektor

In Wien lieferte zudem die auf Hochtouren laufende Berichtssaison Impulse. So zogen Semperit nach Zahlenvorlage um 2,21 Prozent an. Der Umsatz des Gummi- und Kautschukkonzerns legte heuer im ersten Halbjahr gegenüber der Vergleichsperiode 2020 um 57,7 Prozent auf 660,8 Millionen Euro zu. Unterm Strich blieb ein Gewinn von 173,9 Millionen Euro - das waren um 71 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Uniqa verbesserte sich nach Zahlen um 0,76 Prozent. Der Versicherungskonzern hat im Halbjahr die Ergebnisse stark gesteigert. Hingegen büßten Mayr-Melnhof klare 2,09 Prozent ein. Der Kartonhersteller hat im Halbjahr rund ein Viertel weniger Gewinn gemacht.

In einem schwachen europäischen Öl-Sektor rutschten OMV um 3,45 Prozent ab. Schoeller-Bleckmann schwächten sich nach Ergebnisvorlage deutlich um 4,26 Prozent ab. Der Ölfeldausrüster hat sich im ersten Halbjahr 2021 weiter erholt. Der Umsatz steigt zwar seit mehreren Quartalen kontinuierlich, liegt aber noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau - dennoch macht SBO jetzt wieder Gewinn.

Die Flughafen-Wien-Gruppe befindet sich wegen der Coronapandemie weiterhin tief in der Verlustzone. Unterm Strich stieg der Verlust im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 18,2 auf 32,5 Millionen Euro, der Umsatz verringerte sich von 195,8 auf 128,6 Mio. Euro. Die Aktien des Airports schlossen 1,67 Prozent tiefer.

Auch Rohstoffpreise gaben nach

Auch die Ölpreise sind am Donnerstag weiter gefallen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent notierte am Abend bei 65,67 US-Dollar und damit 3,7 Prozent niedriger als am Vorabend. Bei der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) gab es ein Minus von 3,2 Prozent auf 62,68 Dollar zu sehen.

Die Ölpreise stehen weiterhin unter Druck. Neben den schon hinlänglich diskutierten Nachfragesorgen belasten nun auch noch der kräftige Preisrückgang bei den Industriemetallen und der starke US-Dollar. Dazwischen lag noch die Veröffentlichung der offiziellen Lagerdaten des US-Energieministeriums, die gemischt ausfielen, so der Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch.

Der Goldpreis ist am Donnerstagnachmittag gefallen. Gegen 16.55 Uhr kostete die Feinunze (31,19 Gramm) in London 1.781,88 Dollar und damit 0,3 Prozent unter dem Vortageswert. Auch hier hatte zuletzt der starke US-Dollar die Nachfrage belastet.