In den USA führen die Tech-Konzerne Facebook und Google eine Impfpflicht für Arbeitnehmer ein. Wäre eine solche auch in Österreich gesetzlich zulässig?
Arbeitgeber in Österreich sind zuallererst gesetzlich dazu verpflichtet, Gesundheit und Leben ihrer Arbeitnehmer zu schützen, die Mittel dafür müssen "angemessen" sein. "Wenn andere Mittel zum Schutz der Mitarbeiter bestehen, kann der Arbeitgeber nicht auf eine Impfung bestehen", erklärt Arbeitsrechtsexperte WU-Professor Franz Marhold im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Je näher der persönliche Kontakt etwa zu Kunden oder zu anderen Mitarbeitern, desto eher können Schutzmaßnahmen angeordnet werden. Aber selbst beim Friseur reichen Masken bzw. Tests aus.
Mit der steigenden Durchimpfungsrate in Österreich sinkt sogar die Schutzpflicht des Arbeitgebers, erklärt der Arbeitsrechtsexperte: "Weil ich mich dann als Arbeitnehmer selbst schützen kann - und der Selbstschutz steht im Vordergrund." Damit falle ein weiteres Argument für eine allgemeine Impfpflicht in Unternehmen weg.
"Pauschale Impfpflicht ist unzulässig"
"Generell und pauschal ist also eine Impfpflicht in einzelnen Unternehmen nicht zulässig, weil es sich um einen zu schweren Eingriff in die Rechte des Einzelnen handelt." Allerdings kann eine Impfpflicht sehr wohl als "Ultima ratio" verhängt werden, so Marhold weiter: Es gebe Bereiche, wo diese der Arbeitgeber anordnen kann, nämlich dann, wenn das Bedrohungspotenzial durch Nicht-Geimpfte groß ist, weil sich gefährdete Personen nicht schützen können. Dann könnten Impfungen durchaus angeordnet werden. "Etwa bei Unter-12-Jährigen, da kann ich als Arbeitgeber nicht zuschauen, wenn diese durch Ungeimpfte gefährdet werden." Vorausgesetzt, andere Schutzmaßnahmen wie etwa die Masken reichen nicht aus.
"Im Kontakt mit Menschen, die sich nicht impfen lassen können oder die eine Impfung nicht vertragen würden, wäre eine Impfpflicht möglich". In Deutschland gebe es bereits eine gerichtliche Entscheidung, wonach bei Personen, die eine Maske ablehnen, ein Entlassungsgrund vorliegen kann. "In Österreich fehlen noch einschlägige Entscheidungen", sagt Marhold.
"Versetzungen sind zulässig"
Auch AK-Arbeitsrechtsexperte Max Turrini hält eine allgemeine Impfpflicht in Österreich für schwer vorstellbar. Diese kollidiere mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. In diese dürfe nur mit den "gelindestmöglichen Mitteln" eingegriffen werden, also etwa mit Verhaltensregeln, Masken oder Tests. "In laufenden Beschäftigungsverhältnissen darf ich eine Impfpflicht nicht anordnen." Allerdings geht Turrini davon aus, dass eine Versetzung für Nicht-Geimpfte aus Hochrisikobereichen wie in spezifischen Krankenhaus-Stationen oder Betreuungseinrichtungen in andere Abteilungen zulässig ist. Auch bei Neueinstellungen könne eine Impfpflicht vorgesehen werden. Nur in speziellen Fällen könne der Staat eine Impfpflicht durchsetzen - geregelt ist das im Epidemiegesetz. Demnach hat der Gesundheitsminister die Möglichkeit, eine Impfpflicht für Gesundheitspersonal anzuordnen.