Null, Eins. Diese beiden Werte bilden die Basis einer computerisierten Welt. Denn ein Computer ist am Ende nur unfassbar hohe Zahl miteinander verbundener Schalter, die entweder ein (1) oder aus (0) sind, in der Fachsprache Bit genannt. Doch selbst der beste und schnellste Computer stößt bei gewissen Problemen an seine Grenzen.
Die Lösung: Quantencomputer. Hier kommen die kleinsten Bausteine des Universums, eben Quanten, zum Einsatz. Durch ihre ungewöhnliche Eigenschaften können Prozessoren gebaut werden, die nur 1 oder 0 kennen, sondern auch eine Überlagerung dieser Werte. In der Fachsprache Qubit genannt, ermöglichen diese Elementarteilchen komplett neue Rechenmodelle.
Zumindest theoretisch. Denn die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. Schlagzeilen gemacht haben bisher die Quantencomputer der Technologieriesen Google oder IBM. Sie arbeiten mit sogenannten Supraleitern und müssen auf Minus 270 Grad abgekühlt werden.
Einen anderen Weg haben die Forscher der Universität Innsbruck rund um Rainer Blatt eingeschlagen. Sie fangen Quanten in elektrischen Feldern in einer Vakuumkammer ein und aktivieren diese mithilfe von Lasern. Im Quantenlabor in Innsbruck können so aktuell 24 Ionen individuell kontrolliert und verschränkt werden.
Industriell nutzbar machen
Um die Technologie weiterzuentwickeln und industriell nutzbar zu machen, hat sich die Universität in dem Forschungsprojekt "Optoquant" mit dem Mikroelektronikkonzern Infineon und Joanneum Research zusammengetan. "Für die Skalierung unserer Quantenprozessoren auf eine größere Anzahl von Qubits und für deren Ansteuerung sind industrielle Techniken unerlässlich", erklärt Quantencomputer-Pionier Blatt.
Für Infineon verantwortet Clemens Rössler in Villach die Forschung an dieser Art Quantencomputer: "Das Besondere an dieser Technologie: Sie funktioniert prinzipiell auch bei Raumtemperatur." Auch wenn die Ergebnisse der Experimente bei starker Kühlung besser seien, wie der Forscher einräumt.
Nach der Grundlagenforschung gehe es nun darum, die Technologie anwendungstauglich zu machen und eine Massenfertigung zu ermöglichen. "Bisher bestehen Ionenfallen-Quantencomputer aus einem Raum voller Spiegel und Laser, das ist nicht stabil genug für den zuverlässigen produktiven Einsatz", sagt Rössler.
Wie extrem kleine Glasfaserkabel
Hier kommen die Material-Experten des Joanneum Research in Weiz ins Spiel, wo eine spezielle Zweiphotonen-Laserlithografie entwickelt wurde. Stark vereinfacht, ein extrem genaues 3-D-Druckverfahren. "Diese Art Quantencomputer funktioniert mit Licht", erklärt Bernhard Lamprecht, der bei Joanneum Research für das Projekt verantwortlich ist. "Wir können mit extrem kurzen Laserimpulsen licht-leitende Strukturen auf hauchdünne Quarzplättchen schreiben." Diese integrierte Optik ist mit einem extrem kleinen Glasfaserkabel vergleichbar.
Lamprecht erinnert an die Entwicklung des Computers. "Vor 50 Jahren füllten die Geräte ganze Räume, dann kamen integrierte Schaltkreise auf Mikrochips und heute hat jeder ein Handy." Wenn das Vorhaben des Forschungsprojekts gelingt, wäre das ein Riesenschritt für die Entwicklung von Quantencomputern, ist der Materialtechniker überzeugt. "Und die Steiermark ist vorne dabei."
Quantencomputer in Villach
Geprüft werden die diversen Prototypen dann bei Infineon in Villach. "Dafür wollen wir in den kommenden sechs Monaten ein Test-Setup aufbauen", erklärt Rössler. Konkret bedeutet das, dass Infineon in Villach einen Quantencomputer aufbauen wird. "Ein weltweit agierender Chip-Konzern dieser Größe muss bei Quantencomputern vorne dabei zu sein." Auch in München, Dresden und Regensburg forsche das Unternehmen an Quantencomputern, allerdings mit Supraleitern und Elektronenspins.
Doch dank der Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck ist der Standort Villach innerhalb von Infineon bereits sehr weit. "Wir waren die ersten und forschen hier seit vier Jahren an Quantencomputern", sagt Rössler. Aktuell arbeiten zwölf Quantenexperten in seinem Team, zwei Stellen sind aktuell ausgeschrieben und eine dritte werde noch kommen. Ab November sollen dann die neuen Labore bezogen werden.
Roman Vilgut