Egal ob am Dorf oder in den Städten: Der Bauboom in Österreich ist kaum zu übersehen. Baustoffe werden bereits knapp und auch die Handwerker sind vielerorts auf Wochen ausgebucht. Inzwischen schlägt sich das auch in den Preisen nieder. Das merken nicht nur Häuselbauer und Wohnungskäufer, auch im internationalen Vergleich erreicht Österreich inzwischen einen Spitzenplatz.
Die Beratungsfirma Deloitte hat im aktuellen Immobilien-Index die Durchschnittspreise für Neubauwohnungen in 23 europäischen Ländern verglichen. Von den EU-Ländern fehlen Daten nur aus Schweden, Finnland, Estland und Litauen. Dafür wurden auch die Immobilienpreise von Israel, Norwegen, Serbien und Bosnien-Herzegowina aufgenommen.
Österreich landet bei der Erhebung erstmals an erster Stelle. Im Schnitt kostete ein Quadratmeter Wohnraum im Vorjahr 4457 Euro. Frankreich landet mit 4421 Euro am zweiten Platz, gefolgt von Deutschland mit 4100 Euro. Wobei Paris mit rund 12.917 Euro pro Quadrat-Meter das Ranking der Hauptstädte anführt. Wien landet hier mit rund 5248 Euro im oberen Mittelfeld. In Graz sind neue Wohnungen dafür im Schnitt sogar teurer als beispielsweise in der EU-Hauptstadt Brüssel.
Hohe Nachfrage in Ballungsräumen
"Die Nachfrage nach Wohnraum ist anhaltend stark", erklärt dazu Andreas Millonig von Immounited. Das Unternehmen analysiert jährlich rund 130.000 Kaufverträge, die im Grundbuch eingetragen werden. Auch wenn die Preise in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind, so sei das Verhältnis zur Qualität der Wohnungen eigentlich noch relativ gut, sagt der Experte.
Gerade in Ballungsräumen hätten Bauträger daher kein Problem, ihre Wohnungen zu ordentlichen Preisen zu verkaufen. "Wohnungen mit überzogenen Preisen verkaufen sich jedoch schlecht", sagt Millonig. Was natürlich zur Preissteigerung beiträgt, seien die gestiegenen Rohstoff und Arbeitskosten.
Starkes Plus in Graz und Klagenfurt
Was das bedeutet zeigt der Vergleich der Preise für Neubauwohnungen, also direkt vom Bauträger, der Jahre 2016 und 2020. In Wien sind die Preise in dem Zeitraum im Schnitt um 21,17 Prozent gestiegen, wobei es hier starke Unterschiede je nach Bezirk gibt. Vor allem in den Flächenbezirken außerhalb des Gürtels gäbe es rege Bautätigkeit, sagt Millonig. So gab es in den Bezirken Währing (18) oder Brigittenau (20) einen Preissprung von mehr als 40 Prozent.
Im Süden Österreichs stiegen die Kosten für Wohnraum nicht so rasant, dennoch ist das Plus deutlich - 18,74 Prozent in Kärnten und 14,28 Prozent in der Steiermark. In Kärnten hat Klagenfurt dabei Villach bei den Wohnungspreisen überholt. 2016 kostete der Quadratmeter in der Landeshauptstadt 2920 Euro und 3131 in der Draustadt. 2020 lag Klagenfurt mit 3427 Euro pro Quadratmeter knapp vor Villach mit 3412 Euro.
Der Bauboom in den Landeshauptstädten macht sich auch in Graz bemerkbar. Hier stieg der Preis für neue Wohnungen zwischen 2016 und 2020 um 18,29 Prozent. Zuletzt musste man pro Quadratmeter im Schnitt 3725 Euro bezahlen.
Funktionalität vor Fläche
Vor allem in den Städten halte auch der Trend zur Kleinwohnung weiterhin an, sagt Millonig. Vor allem für Investoren sei diese Kategorie interessant. "Bei einer kleinen Wohnung klingen 50 Euro mehr Miete für Mieter verkraftbar, bringen dem Besitzer aber am Quadratmeter deutlich mehr Rendite." Doch auch in der Eigennutzung spiele die Größe der Wohnung oft eine untergeordnete Rolle.
"Viel wichtiger ist die Funktionalität." Eine kleinere gut geschnittene Wohnung mit drei Zimmern sei für Käufer interessanter als eine größere Wohnung mit zwei Zimmern. Das hätten auch die Bauträger erkannt und würden das in den Planungen bedenken, sagt der Immobilien-Experte. "Vor allem außerhalb der Ballungsräume bekommt man inzwischen sehr gute Grundrisse." Doch eines sei auch klar: Schnäppchen gebe es Österreichs Städten kaum noch.
Roman Vilgut