Nord Stream 2 war zum Symbol geworden, ihr vermeintlicher Baustopp und Sanktionsdrohungen unter US-Präsident Donald Trump eher ein öffentlichkeitswirksamer Akt als ein echtes Faustpfand der USA gegen Russland. Die Streitbeilegung zwischen den USA und Deutschland als Vertragspartner Russland wird zu einer blitzschnellen Fertigstellung der etwa neun Milliarden Euro teuren Leitung führen. 729 Millionen Euro davon hat übrigens die OMV finanziert.
Die fehlenden zwei Prozent der mehr als 1200 Kilometer langen Gasröhre werden schon im August in Greifswald aus der Ostsee auftauchen. Die Betreiberfirma arbeitet mit Hochdruck daran, dass noch heuer der Gashahn aufgedreht wird. Gazprom hatte immer ins Treffen geführt, ein seit Jahrzehnten zuverlässiger Gaslieferant zu sein. Die USA unterstellten ein hohes Abhängigkeitsrisiko für Europa und den möglichen Missbrauch des Gashahns als "Waffe". Wovon sich am Donnerstag weiterhin auch Polen, insbesondere aber die Ukraine überzeugt zeigten. Der Chef des ukrainischen staatlichen Gaskonzerns Naftogaz, Juri Witrenko, warnte im Internetportal "Voice of America" vor dem wachsenden Risiko einer großflächigen militärischen Aggression, wenn kein russisches Gas mehr über die Ukraine transportiert werde.
Die für Kiews Staatshaushalt wichtigen Transitverträge laufen 2024 aus, Deutschland will auf eine Verlängerung um zehn Jahre hinwirken und die Ukraine dabei unterstützen, um auf dem Energiesektor unabhängiger vom Gas zu werden. Für Westeuropa gilt die Ukraine als ein potenzieller Partner der Energiewende, etwa in der Wasserstofferzeugung. Industriestaaten wie Deutschland und Österreich werden ihren künftigen Wasserstoffbedarf bei Weitem nicht mit Eigenerzeugung decken können.
Die Ukraine soll etwa an das westeuropäische Stromnetz angebunden werden. Zudem verfügt das Land über eine Reihe wichtiger Rohstoffe für die Herstellung von Batterien. Für Energiewendeprojekte in der Ukraine wird von den USA und Deutschland ein Fonds mit 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, der Investitionen anschieben soll.
Claudia Haase