Die Europäische Zentralbank (EZB) wird auf absehbare Zeit an ihrem ultralockeren Kurs zur Stützung der Wirtschaft festhalten. Die Währungshüter um Notenbank-Chefin Christine Lagarde passten am Donnerstag auf der ersten Zinssitzung nach ihrer Strategieerneuerung den geldpolitischen Ausblick an die geänderten Vorgaben an. Die Leitzinsen bleiben weiterhin am Rekordtief von 0,0 Prozent.
Auch wenn die Wirtschaft in der Eurozone sich derzeit kräftig entwickelt, sehe der EZB-Rat vor allem in der Ausbreitung der Delta-Variante doch ein gewisses Risiko, erklärt EZB-Präsidentin Christine Lagarde.
Im Zuge des Strategiechecks hatten sich die Euro-Wächter vor zwei Wochen ein neues symmetrisches Inflationsziel von mittelfristig 2,0 Prozent gesetzt, nachdem es zuvor auf unter, aber nahe zwei Prozent gelautet hatte. Mittelfristig bedeutet in dem Zusammenhang ein Zeitraum von drei Jahren.
Zugleich räumten sie sich etwas mehr Spielraum beim Erreichen ihres Ziels ein. Das bedeutet, dass auch moderat höhere Inflationsraten für einen gewissen Zeitraum akzeptiert werden. Wenn die Zinsen wie derzeit bereits extrem tief liegen, sind aus Sicht der EZB besonders kraftvolle oder lang anhaltende Maßnahmen nötig.
Auch wenn die Inflationszahlen derzeit steigen, sehen die mittelfristigen Prognosen der EZB den Wert derzeit deutlich unter den erwünschten zwei Prozent. Deshalb werde die Notenbank weiter an ihrer ultralockeren Zinspolitik festhalten. Und zwar so lange, bis die Inflation mittelfristig den Zielwert erreicht hat und der EZB-Rat überzeugt ist, dass diese Entwicklung langfristig stabil ist. EZB-Präsidentin Lagarde unterstreicht damit, dass nicht alleine die Prognosen die Politik der EZB bestimmen werden, sondern auch die Einschätzung der einzelnen Ratsmitglieder.
Weiter Strafzinsen für Banken
Angesichts dieser Aussichten beschloss die EZB auch, die Leitzinsen auf ihren aktuellen rekordtiefen Niveaus zu belassen. Der Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld bleibt damit weiterhin bei 0,0 Prozent. Auf diesem Niveau liegt er bereits seit März 2016. Auch am Einlagesatz von minus 0,5 Prozent rüttelte die EZB nicht. Banken müssen weiterhin Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. In ihrem Statement schloss Lagarde auch eine weitere Senkung der Zinssätze nicht aus.
Die Euro-Notenbank hat zur Bekämpfung der Folgen der Coronakrise ja auch umfangreiche Hilfsmaßnahmen aufgelegt, um günstige Finanzierungsbedingungen sicherzustellen und um dafür zu sorgen, dass der Kreditfluss an die Wirtschaft nicht abreißt. Dazu gehören unter anderem ein massives Notfall-Anleihenkaufprogramm, das insgesamt auf 1,85 Billionen Euro angelegt ist, und sehr günstige Langfrist-Kreditspritzen für die Banken. Hier werden die Anleihenkäufe in den kommenden Monaten zulegen. Über eine etwaige Neuauflage oder Verlängerung des Programms wurde allerdings nicht gesprochen, sagt Lagarde.
Roman Vilgut