Was Hoteliers, Gastronomen, Reiseveranstaltern und Vertretern der Airline-Industrie längst Sorgenfalten macht, ist in den jüngsten Prognosen zur Konjunkturentwicklung praktisch kein Thema: Eine mögliche vierte Corona-Infektionswelle in den nächsten Monaten. Erst am Dienstag hatte die Industriellenvereinigung die Pandemie für sich als beendet erklärt.
Am Mittwoch präsentierte das IHS seine über fünf Jahre reichende Mittelfristprognose. Auch die strotzt vor Optimismus und steht unter dem Titel, dass die Wirtschaft den Corona-Schock überwunden habe. Im Schnitt soll die Wirtschaft bis 2025 um 2,5 Prozent wachsen. Heuer und nächstes Jahr sogar um bis zu 4,5 Prozent. Auf Nachfrage räumt Helmut Hofer vom IHS dann allerdings ein, dass das größte Risiko für die Treffgenauigkeit der Annahmen zumindest kurzfristig die Pandemie sei. Nicht zuletzt, weil ihre Auswirkungen in vielen weniger reichen Staaten noch deutlich länger anhalten dürfte als bei uns.
Bremsende Faktoren für die Konjunktur
Die Prognose weist dafür auf andere bremsende Faktoren hin, die 2025 bereits einige Wirkung entfalten könnten. Der demografische Wandel - die geburtenstarken Jahrgänge aus den 1960er Jahren kommen ins Pensionsalter - dürfte dann schon das volle Ausschöpfen der in Österreich vorhandenen Produktionspotenziale verhindern.
Die Entwicklung am Arbeitsmarkt verlaufe aktuell recht positiv, 2025 erwartet das IHS die Arbeitslosenquote bei 7,5 Prozent - das wäre in etwa das Vorkrisenniveau. Der Fachkräftemangel werde bis dahin allerdings immer stärker ins Zentrum rücken, so Hofer.
Die strukturelle Arbeitslosigkeit, unter der Ökonomen eine verfestigte Arbeitslosigkeit verstehen, die etwa auf mangelnde Qualifikation der Betroffenen zurückzuführen ist und auch bei guter Konjunktur nicht schwindet, habe sich in der Krise jedenfalls nicht verschlechtert, erklärt IHS-Experte Klaus Weyerstrass.
Kein Lohndruck trotz steigender Preise
"Lohndruck" sieht Hofer trotz hoher Inflationsraten, die derzeit angesichts steigender Energiekosten und in die Höhe geschnellten Rohstoffpreisen zuletzt Richtung drei Prozent gingen, nicht. "Wir glauben eher, dass es sich um temporäre Phänomene handelt, die jetzt die Preise treiben," so Hofer. "Das dürfte sich im weiteren Prognosezeitraum deutlich abschwächen. Wir gehen davon aus, dass relativ geringer Lohndruck auftaucht." Gewisse, wenn auch geringe preistreibende Tendenzen werde es allerdings ab 2022/23 aufgrund verstärkter Klimaschutzmaßnahmen geben.
EU-Aufbauplan stützt Wachstum
Der EU-Aufbauplan wird IHS-Chefökonom Michael Reiter zufolge deutliche Beiträge zum Wachstum leisten. Im Jahr 2022 werde das Bruttoinlandsprodukt bereits zusätzlich um 0,41 Prozent durch die 4,5 Milliarden Euro schwere und bis 2026 laufende Paket erhöht. 2025 soll der Effekt mit 0,9 Prozent noch viel höher sein. Positiv hob Weyerstrass die starken Anreize für private Investitionen hervor. Sie sollen die staatlichen Hilfen potenzieren.
Die Schuldenausweitung während der Krise - 2020 flossen vom Bund 14,4 Milliarden Euro Corona-Hilfen, bis Mitte Mai weitere 6,7 Milliarden - lässt sich dem IHS zufolge mit einem Einschwenken auf einen Reformkurs bewältigen. Hofer verweist auf die am Dienstag veröffentlichte Aufforderung des Internationalen Währungsfonds IWF an die Regierungen, jetzt von der Nothilfe zu Reformen überzugehen.
Claudia Haase