„Die Erde aus dem All zu sehen, das verändert einen Menschen“, meint Jeff Bezos, und man ist geneigt, das zu glauben. Genaues kann er morgen erzählen. Für ihn und seine Passagiere – darunter neben seinem Bruder Markdie 82 Jahre alte Ex-Pilotin Wally Funk und der 18-jährige Oliver Daemen – beginnt heute die Ära des Weltraumtourismus.
Bezos’ Raumfahrtfirma Blue Origin schickt das Raumschiff „New Shepard“ ab 15 Uhr auf eine Reise in 100 Kilometer Höhe. Bis zur Landung in Texas wird der Trip zwar nur zehn Minuten gedauert haben, davon drei Minuten in Schwerelosigkeit. Aber einem anonymen Bieter war das bei der Auktion für eines der vier Tickets 28 Millionen US-Dollar wert. Massentourismus sieht anders aus.
Doch Bezos ist es ernst damit, Flüge ins All zu vermarkten, genau genommen an dessen Rand. Wie seinem Rivalen Richard Branson. Der britische Milliardär und Gründer von Virgin Galactic hat vorgelegt, war schon am 10. Juli mit der „VSS Unity“ von New Mexico aus in 80 Kilometer Höhe gestartet. Noch mit Astronauten und ohne zahlende Kunden – solche will Branson nächstes Jahr mitnehmen. Virgin habe schon Sitze für 250.000 Dollar verkauft und spricht von 600 Reservierungen.
Bezos und Branson haben seit ihren Firmengründungen nahezu 20 Jahre gebraucht, um dieses Ziel zu erreichen. Touristen im Orbit gab es schon früher. Zwischen 2001 und 2009 ließen sich sieben wohlhabende Personen in russischen Sojus-Raketen zur Raumstation ISS in 400 Kilometer Entfernung befördern, der letzte war Guy Laliberté, Gründer des Zirkusimperiums Cirque du Soleil.
Doch traut John Logsdon, viele Jahre lang Chef des Space Policy Institute der George Washington University, Bezos, Branson und auch Elon Musk (Tesla, SpaceX) zu, dem Weltraumtourismus für eine betuchte Klientel zum Durchbruch zu verhelfen. Ob der Markt im Jahr 2030 ein weltweites Volumen von acht Milliarden Dollar erreichen kann, wie der Finanzdienstleister Canaccord berechnete, sei aber zu bezweifeln, so Logsdon.
Frage nach dem ökologischen Fußabdruck
Freilich stellt sich mit der immer konkreter werdenden Vision einer Form von Weltraumtourismus vermehrt auch die Frage nach dem ökologischen Fußabdruck von Weltraumraketen. Im Gegensatz übrigens zum "Space Race" in den 50er- und 60er-Jahren, als es Staaten nur darum ging, möglichst schnell möglichst weit hinauszukommen. Ansonsten hätte es wohl größeren Aufschrei gegeben, als bekannt wurde, dass bei einem einzigen Start der amerikanischen Mond-Rakete "Saturn V" binnen 2,5 Minuten 2000 Tonnen Treibstoff verbrannt wurden.
Gleichzeitig schlug sich die technologische Weiterentwicklung freilich auch in effizienterer Weltallgerätschaft nieder. So liegen Treibstoffverbrauch und CO2-Emission beim Start einer Falcon-9-Rakete von Elon Musks Raumfahrtunternehmen Space X heute in etwa auf dem Niveau einer vollbeladenen Boeing 777, die mit 341 Personen an Bord den Atlantik überquert. Bedenkt man jetzt noch, dass Weltraumflüge zurzeit eher im Wochen- denn im Minutentakt stattfinden, relativiert sich die Auswirkung im Vergleich mit gängiger Luftfahrt.
Auf der anderen, bedenklichen, Seite steht eine etwaige Zunahme der Relevanz von Weltraumtourismus. Und die Art und Weise, wie von den Raketen ausgestoßene Partikel wirken. Diese verbleiben für gewöhnlich nämlich in 20 bis 50 Kilometern Höhe, erwärmen dort die Stratosphäre und lösen Prozesse aus, welche die Ozonschicht angreifen.