Sie sind sich ähnlicher, als man meinen könnte, doch sie repräsentieren völlig unterschiedliche Mobilitätsimperien. Auf der einen Seite der Pionier Tesla, der sich vom lange verspotteten Eigenbrötler-Autobauer zum bewunderten Branchenprimus in der Elektromobilität entwickelt hat. Auf der anderen Seite der deutsche Volkswagen-Konzern, der trotz oder gerade wegen des Dieselskandals zu jenem Hersteller der „alten“ Autowelt geworden ist, der den Wandel in das E-Zeitalter vorantreibt.
Auf den ersten Blick halten sich die Parallelen zwischen den beiden Playern in Grenzen. Hier das 2003 (übrigens nicht von Elon Musk) gegründete kalifornische Unternehmen, das sich seine Start-up-Mentalität bis heute bewahren konnte. Dort der riesige Volkswagen-Koloss mit seiner komplexen Eigentümerstruktur und seiner bisweilen sehr verkrusteten Struktur. Die Gemeinsamkeiten lassen sich an der Spitze der Konzerne ausmachen. Tesla-Lenker Elon Musk und der gerade verlängerte VW-Boss Herbert Diess sind Rivalen, das Verhältnis ist aber von hohem gegenseitigen Respekt geprägt.

Führungsstil

Auch in ihrem Führungsstil sind sich die beiden Alphamänner nicht unähnlich. Durchsetzungsstark, unbeirrbar und ehrgeizig sagen die einen, herrisch, egozentrisch und starrsinnig die anderen. Musk, der Heerscharen an entnervten Managern verloren hat und dessen Strahlkraft für Arbeitnehmer trotzdem ungebrochen ist, weil man ihn für ein Genie hält. Diess, der zwischendurch, so erzählt man sich, schon einmal wissen lässt, dass er nicht angetreten ist, um Freundschaften anzubahnen, sondern um den Konzern auf eine neue Ebene zu heben. Kurioses Detail am Rande: Musk wollte Diess – bevor dieser von BMW zu VW wechselte – zum CEO von Tesla machen. Es wäre ein interessantes, hochexplosives Experiment geworden, aber Diess lehnte ab.

Der gebürtige Österreicher Diess hat sich gegen viele Widerstände, die zwischenzeitlich sogar seine Zukunft als VW-Vorstandschef unsicher erscheinen ließen, mit seiner kompromisslosen Strategie durchgesetzt. Er trimmt den Konzern mit seinen zwölf Marken weitgehend rigoros und radikal zu einem softwaregetriebenen Technologiekonzern – mit vollem Fokus auf batterieelektrische Autos. Bis zum Jahr 2030 soll die Hälfte des Modellangebots auf Batterieautos umgestellt werden.

Streitbar und erfolgreich

Beide sind streitbar, scheuen keine Konfrontation. Musk sucht geradezu den Wettbewerb, und die Welt ist nicht genug. Mit Amazon-Chef Jeff Bezos wird bis in den Weltraum gestritten. Diess düpiert schon einmal seine deutschen Kollegen von BMW und Daimler, indem er die E-Mobilität als alleiniges Allheilmittel darstellt – während die Kollegen noch Technologieoffenheit betonen. Sowohl Diess als auch Musk sind es gewohnt, gegen Widerstände anzukämpfen und – mehr oder weniger elegant – die Ellbogen auszufahren.

„Ich habe Elektroautos neu erfunden ..."

Musk begründet seinen bisweilen cholerischen Führungsstil oder auch seine Twitter-Ausbrüche, die Tesla an der Börse mitunter mächtige Schwierigkeiten eingebracht haben, schon einmal damit, dass sein Gehirn „nun einmal anders funktioniert“. Und er konterkariert seinen widersprüchlichen Charakter mit Statements wie: „Ich bin ein Roboter, der gut darin ist, menschliches Verhalten nachzuahmen“, oder „Ich habe Elektroautos neu erfunden und schicke Menschen in einer Rakete auf den Mars: Habt ihr geglaubt, dass ich da ein entspannter, normaler Kerl bin?“. Trotzdem hat Musk es geschafft, Tesla zu einem Glaubensbekenntnis aufzuladen. Obwohl die Firma mehrmals vor der Pleite stand, gibt es Details, die Tesla tatsächlich besser macht. Das eigene Ladenetzwerk, die beste Software, das Kundenerlebnis mit dem großen Bildschirm.

Herbert Diess’ Überzeugungskraft und Beharrlichkeit mögen ihn anfangs in die Kritik gebracht haben. Aber an seine Leistung, den Volkswagen-Konzern nach dem Beben des Dieselskandals zu einem Vorreiter der E-Mobilität zu machen und ihm damit ein völlig neues Image zu verpassen, ist unbestritten. Deshalb sieht man ihm auch nach, wenn er intern einmal über das Ziel hinausschießt. Einen Tanker von der Größe des VW-Konzerns erfolgreich und mit Gewinn (8,8 Milliarden vor Steuern) umzuformen, macht ihn nahezu unantastbar. Tesla schreibt zwar auch Gewinne (610 Millionen Euro), dazu hat aber auch der Handel mit CO2-Zertifikaten stark beigetragen.

Im Duell der Alphamänner steht Musk im Jahr 2020 mit 499.535 Elektro-Neuzulassungen weltweit vorne, für Volkswagen zählte man im gleichen Zeitraum 220.220 neu zugelassene Stromer. Diess wird so zitiert: „2025 sollten wir eine gute Chance zum Überholen haben.“ Branchenkenner sagen, das könnte schon früher passieren.