Die Zahl der Firmenpleiten in Kärnten ist laut dem Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) trotz der Corona-Rezession 2020 auf den tiefsten Stand seit über 20 Jahren gesunken. Die Anzahl der Firmeninsolvenzen sank von 110 Verfahren im Jahr 2020 auf 56 Verfahren im Jahr 2021 – Somit ein Rückgang um 49 Prozent. Die beim Landesgericht Klagenfurt eröffneten Insolvenzverfahren haben sich von 59 auf 24 Verfahren im Jahr 2021 reduziert, was einem Rückgang von 60 Prozent entspricht.

Im Vergleich zu einem "Normaljahr" seien die Gesamtfirmeninsolvenzen um 65 Prozent zurückgegangen, die eröffneten Verfahren sogar um 70 Prozent. Aber diese auf den ersten Blick positive Entwicklung ist trügerisch. Sie ist nämlich, so Beatrix Jernej, der Leiterin des AKV in Kärnten, Maßnahmen wie der Insolvenzantragaussetzungspflicht, Stundungen der öffentlichen Abgaben und den Überbrückungshilfen der österreichischen Regierung zu verdanken. Viele Unternehmen seien so vor dem finanziellen Ruin gerettet worden.

2021 nur 45 Dienstnehmer betroffen

Im Bundesländervergleich kam es in Kärnten nach Vorarlberg zum zweitgrößten Rückgang. Auch die Passiva sind um 44,2 Prozent auf 10,3 Millionen Euro gesunken. Und nur 45 Dienstnehmer waren bisher in diesem Jahr von Insolvenzen betroffen.

Auch weniger Privatinsolvenzen

Im Bereich der Privatinsolvenzen kam es kärntenweit im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls zu einem Rückgang von rund 16 Prozent. Sie lagen bei bisher bei 28,6 Millionen Euro. Die durchschnittliche Verschuldung sank aber nur gering von 124.200 Euro auf 123.400 Euro.

AKV-Chefin in Kärnten: Beatrix Jernej
AKV-Chefin in Kärnten: Beatrix Jernej © Jannach

Jernej geht davon aus, dass sich die Anzahl der Insolvenzen in Kärnten sowohl bei den Firmen als auch bei den Privaten in der zweiten Jahreshälfte durch das Auslaufen der sogenannten Insolvenzantragsaussetzungspflicht und durch das Ende der Stundungen von öffentlichen Abgaben erhöhen wird. Eine Insolvenzwelle wird aber nicht erwartet, ein Anstieg im moderaten Bereich wird prognostiziert. Erst im Jahr 2022 rechnet der AKV wieder mit Insolvenzzahlen wie vor der Pandemie.

Weil die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt wurde, sind in Kärnten die Insolvenzen bei kleinen Unternehmen mit bis zu zehn Dienstnehmern überproportional gesunken, so Jernej. Weshalb vor allem in diesem Bereich in den kommenden Monaten mit einem Anstieg der Firmeninsolvenzen zu rechnen sei. Es handle sich oft um kleinere Unternehmen, die schon vor der Krise wirtschaftlich schlecht dagestanden seien. Und durch die Stundungen von öffentlicher Hand hätten sich die Passiva noch erhöht.

Insolvenzgefahr auch für Tourismusbranche

Eine erhöhte Insolvenzgefahr besteht laut AKV auch für Unternehmen aus stark betroffenen Branchen wie der Hotellerie, Gastronomie, Veranstaltungs- und Fitnessbranche. "Wenn diese Firmen ihren Betrieb wieder hochfahren – und damit ihre Kostenbasis steigt – wird sich zeigen, welche Unternehmen langfristig eine finanzielle Überlebenschance haben. Und viele finanzielle Hilfen wurden als Darlehen vergeben. Für die Unternehmer steigt damit die Schuldenlast. Aus diesem Grund haben sie weniger Geld für Investitionen zur Verfügung, was sicher wiederum in der Zukunft rächt", erklärt die AKV-Expertin.