Mit dem in dieser Woche fixierten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) kommen die erhofften Fördermilliarden für den Ökostromausbau in greifbare Nähe. Für Michael Strugl, Verbund-Chef und Präsident der Branchenvertretung „Österreichs Energie“, handle es sich grundsätzlich um ein gutes Gesetz, weil damit „ein Ausbaupfad für jede Technologie“ festgelegt worden sei. Eine entsprechende Förderkulisse mit gleitender Marktprämie sei besser als geförderte Einspeisetarife. Ausständig seien aber noch die Notifizierung durch die EU und in Österreich selbst dann vor allem die konkreten Verordnungen.
Kritik übt Strugl an der Regelung für die Energiegemeinschaften. Dass der Kunde auch zum Produzenten werde, sei zwar richtig. Dass die Gemeinschaften für eingespeiste Überschüsse aber auch noch zusätzlich gefördert werden, sei „nicht in Ordnung und verzerrt den Markt“. Sehr zögerlich sei Österreich bei der Wasserstoff-Förderung. Während Deutschland hier Gas gebe und acht Milliarden Euro ausgebe, lasse der Bund hier gerade einmal 40 Millionen Euro springen, zusätzlich zu den 125 Millionen aus dem Recovery Fund. „Da droht Österreich den Anschluss zu verlieren“, warnt Strugl, der auch eine Rechtsgrundlage für Preisgleitklauseln vermisst: So drohten bei jeder Preisanpassung Prozesse mit dem Verein für Konsumenteninformation.
Wasserkraft als „Riesenschatz“
Grundsätzlich fahre der Zug aber unaufhaltsam in Richtung Energiewende. Österreich habe mit der Wasserkraft „einen Riesenschatz“, dazu kommen Wind und Sonne. Die Umsetzung der Energiewende werde aber „kein Kindergeburtstag, sondern sehr sportlich und eine Riesen-Challenge“, so der Verbund-Chef. Österreich brauche etwa für die E-Mobilität und vor allem die Dekarbonisierung von Industriebranchen wie Stahl oder Chemie „viel mehr Strom“. Die Ziele seien zu schaffen, „wenn man uns lässt“. Da seien heiße Diskussionen über Kraftwerke, Solar- und Windanlagen sowie Netze zu erwarten.
Es brauche klare politische Entscheidungen, sonst würden die verkündeten Regierungsziele scheitern. Windanlagen und Solarparks unterirdisch zu bauen, gehe nun einmal nicht. Und von den geplanten elf Terawattstunden Solarstrom könnten maximal fünf bis sechs von Hausdächern kommen, der Rest müsse über Anlagen auf Freiflächen beigesteuert werden.
Widerstand, wenn Strompreise steigen?
„Es kann sein, dass am Freitag die Jugendlichen bei Fridays for Future für den Klimaschutz demonstrieren und dann tags darauf die Eltern gegen eine Anlage oder Stromleitung“, sagt Strugl. Es könnte auch viel Widerstand kommen, wenn durch die Energiewende etwa Treibstoffe oder Strom teurer werden. Strugl kann sich vorstellen, dass Neubauten nur noch mit Solaranlagen erlaubt werden. Bei Einrechnung aller Kosten seien Solar- und Windstrom schon heute am rentabelsten. Der Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken sei notwendig und zahle sich auch aus, beim Neubau müsse man „zumindest scharf rechnen“, betont Strugl.
Deutschland nehme 2022 die letzten Atomkraftwerke vom Netz und bis 2038 die Kohlekraftwerke. Das seien 50 Gigawatt, das Doppelte der in Österreich installierten Leistung. Für Strugl werden Gaskraftwerke als Übergangsquelle und als Reserve noch länger unverzichtbar bleiben („Deutschland wird hier sicher neue Kapazitäten aufbauen“), auch Atomkraft werde in etlichen Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder Tschechien am Netz bleiben.
Für Strugl steigt mit dem Umbau der Strombranche in Richtung Wind und Sonne die Herausforderung für die Versorgungssicherheit – und damit auch für Blackouts. Erst heuer im Jänner musste ein solcher abgewendet werden. Im Grunde sei die Branche gut vorbereitet, der Aufwand werde aber immer größer. Das wird er auch für den Schutz vor Cyberattacken. „Jeder Energieversorger muss wiederholt mit solchen Events fertig werden und rüstet hier auf.“
Das Gespräch mit Michael Strugl fand am Rande eines Treffens der Bundesländerzeitungen statt. Für die Kleine Zeitung nahm
Hubert Patterer teil.