Als Vorständin der Unternehmerbank in der UniCredit Bank Austria sind Sie am Puls der Wirtschaft. Wann haben Sie gesehen, dass es wieder aufwärts geht?
SUSANNE WENDLER: Bei unseren Kunden haben wir schon im September gesehen, dass sie gut unterwegs sind. Sie haben ihre Geschäftsmodelle aufgeräumt, das Kostenkorsett und die Lagerhaltung optimiert. Trotz des dann folgenden langen Lockdowns herrschte Optimismus. Das führt dazu, dass wir in der Industrie heuer wieder auf das Vorkrisenniveau kommen.
Der Aufschwung ist da. Bleibt er auch, sollte es im Herbst zu einer vierten Welle kommen?
Wir rechnen aktuell mit einem Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent für heuer und von 5,4 Prozent für 2022. Das ist der stärkste Aufschwung der vergangenen 50 Jahre. Unsere Volkswirte preisen keinen neuerlichen Lockdown ein, da wir optimistisch sind, dass wir das nicht mehr brauchen.
Es gibt Wermutstropfen. Lieferketten funktionieren nicht, Rohstoffe sind knapp, die Inflation zieht an. Wie lange hält das an?
Die Lieferkette ist ein ganz neues Problem. Bis zur Krise hatten Unternehmen ihre Warenlager so optimiert, dass sie erst nachgekauft haben, wenn sie schon die letzte Schraube gesehen haben. Nun wird anders disponiert, wir unterstützen unsere Firmenkunden jetzt dabei, Liquidität für die Lagerhaltung bereitzustellen, zum Beispiel bei Goldegg Textil in Kärnten. Doch die Rohstoffsituation wird sich wieder normalisieren. Auch die Inflation sollte sich über 2022 hinaus auf 2,0 Prozent einpendeln.
Die EU stellt mit dem Recovery Fund bis zu 800 Milliarden für die europäische Wirtschaft auf. Wird bereits kräftig investiert?
Wir spüren das in der Nachfrage und der Intensität der Beratungsgespräche sehr. Ein Sommerloch ist nicht in Sicht, daher bin ich unterwegs und treffe viele Firmen an, die kräftig am Werken sind. Es gibt aufgeschobene Investitionen, die nun angedacht werden, und Unternehmen, die überlegen, in neue Märkte zu gehen. Für eine Investition ist das Zinsniveau sehr günstig.
Investiert in dieser Situation auch die Bank Austria?
Ja. Wir investieren in eine Beratungsoffensive für Firmenkunden und in die Mitarbeiter. Das geht nicht von heute auf morgen, dazu braucht man einen Plan. Da uns die Lockdowns einen Digitalisierungsschub gebracht haben, können die Kolleginnen und Kollegen stärker auf das Beratungsgespräch fokussieren. Die Finanzierung zum Beispiel für eine Großinvestition bespricht man nicht per Video, sondern von Angesicht zu Angesicht. Daher stocken wir unsere derzeit 200 Personen starke Vertriebsmannschaft um ein Viertel auf.
Gute Leute sind sehr gesucht. Woher nehmen Sie sie?
Wir sind fest auf der Suche. Auf der einen Seite sind das Menschen aus unserem Konzern, die sich verändern wollen. Wir holen auch Nachwuchs von der Schule und der Uni, auch aus dem Tourismus interessieren sich Leute, die sehr gute Fähigkeiten mitbringen. Das Fachliche kann man lernen, wir bilden gerne aus.
Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind aktuell sehr starke Strömungen. Wie viel Einfluss hat die Bank Austria darauf mit der Vergabe von Krediten?
Die Politik und die Banken, konkret die Bank Austria, schauen genau darauf, dass wir nachhaltigen Firmen Kredite geben. Mit dem Geld, das wir zur Verfügung stellen, haben wir einen riesigen Hebel. Wir prüfen, welche Industrien wir unterstützen und wo wir uns zurückziehen, zum Beispiel aus der Kohleindustrie. Dieses Thema besprechen wir mit unseren Kunden. Wir haben ein Nachhaltigkeitsbarometer eingeführt mit einer Liste von Fragen zu Umwelt, Klimaschutz, sozialem Engagement und Governance – so sehen die Firmen, wo sie stehen.
Nächste Woche will die EU neue Punkte im Kampf gegen Geldwäsche vorstellen. Gegen eine mögliche Limitierung von Zahlen mit Bargeld regt sich viel Widerstand, vor allem aus Österreich. Wie ist die Position der Bank Austria?
Alle Zahlungsmittel sind Teil unseres Geschäfts und daher wichtig. Als Bank muss man sich aber immer überlegen, wie geht man mit Münzen und Papiernoten um. Das heißt, wir beschäftigen uns damit, das so effizient wie möglich zu machen, daher sind wir dankbar, wenn der Zahlungsverkehr elektronisch passiert. Das zieht auch immer mehr in unser Leben ein. Ich bin aber der Meinung, dass Bargeld für manche Menschen in Mitteleuropa sehr wichtig ist und daher immer existieren wird.