"Wir haben noch einen steinigen Weg vor uns", räumt Verkehrsbüro-Chef Martin Winkler mit jeder Form von Illusionen auf. "Eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau erwarten wir realistisch erst 2024." Seine erste Bilanz nach den Hotel-Wiedereröffnungen ist trotzdem keineswegs düster: Immerhin schon 26.000 Nächtigungen verzeichnete die Gruppe seit dem Neustart am 19. Mai, fast 16.000 davon nur in Wien. Dort ist die Belebung an den Touristen-Hotspots auch schon offenkundig. Es sind vor allem Deutsche, die Österreich wieder vermehrt ansteuern.
"Es kommt Bewegung in die Stadthotellerie", bestätigt auch Matthias Winkler, Chef der Sacher-Gruppe. Das Flaggschiff der Luxus-Hotellerie hat seine Pforten natürlich auch wieder geöffnet. "Es ist gut, dass der Betrieb wieder läuft, für die Mitarbeiter, die Substanz der Häuser, aber mit kommerziellem Erfolg wird das noch lange nicht verbunden sein", sagt er. Von einer 50-prozentigen Belegung, die man dafür mindestens brauche, könne höchstens punktuell die Rede sein.
Die gar nicht so schlecht klingenden Zahlen aus den 14 geöffneten Verkehrsbüro-Hotels liegen noch um 76 Prozent unter jenen aus 2019. Auch die Statistik Austria liefert aktuelle Zahlen für Mai: Von 2,92 Millionen Nächtigungen waren 1,27 Millionen von ausländischen Gästen. Die 6,6 Millionen Nächtigungen von Jänner bis Ende Mai waren ein Minus von 84 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Vier Hotels hat das Verkehrsbüro im Zuge der Pandemie verkauft, seinen Geschäftsbereich Hotellerie im neuen Konzernbereich Verkehrsbüro Hospitality zusammengefasst. Zum 1. Juli übersiedelt zudem der gesamte Konzern in ein neues Büro mit komplett anders aufgesetzten Arbeitsprozessen, in denen auch Homeoffice einen breiten Raum einnimmt. Die Verkehrsbüro-Gruppe schrumpfte während der Krise von rund 3000 auf etwa 2000 Mitarbeiter. Ein Viertel der zur Gruppe gehörenden Ruefa-Reisebüros wurde geschlossen. Auch Hotel-Konzepte wurden verändert. Bei der neuen Marke "Bassena", die die Gruppe als moderne Ökohotel-Kette aufziehen will, gibt es etwa eine Kooperation mit "Too good to go", einer Organisation, die Lebensmittel weitergibt. Nicht an der Stadthotellerie festzuhalten, stand nie zur Debatte.
Sacher-Chef Matthias Winkler sieht den durch die Krise zugespitzten Personalmangel als größte Herausforderung für die Branche. Einerseits werde man deutlich mehr zahlen müssen, das allein reiche aber nicht. Auf die Wünsche der jungen Generation, die vielleicht nur 30 Stunden statt 48 arbeiten wolle, müsse man sehr gute Antworten finden. Den Nimbus der völligen Krisenfestigkeit habe die Branche jedenfalls verloren. Es werde um flexible Arbeitszeitmodelle gehen müssen, wenn man wieder attraktiv werden wolle. "Wir brauchen eine Durchlässigkeit der Systeme," so Winkler. "Mit einer Gastronomieausbildung muss man in Zukunft auch etwas anderes tun können, das muss in den Ausbildungen berücksichtigt werden."
Claudia Haase