Als im Dezember immer klarer wurde, dass die Wintersaison weitgehend ausfallen wird, haben Sie durchaus emotional ausgeführt, dass der Tourismus zum Spielball geworden ist. Gilt der Befund noch immer?
GERHARD WENDL: Im Nachhinein ist es immer leicht, vorzugeben, die richtige Lösung zu haben. Aber in einzelnen Bereichen hätte man schon darüber nachdenken können, ob man im Tourismus und der Gastronomie durchgehend diese drastischen Lockdown-Maßnahmen setzen muss. Denn wir haben ja auch gesehen, dass Lockerungen auch gute Impulse dafür sind, dass sich die Menschen verstärkt testen lassen.
Der Neustart im Tourismus, der Hotellerie ist mittlerweile erfolgt. Wie ist die Startphase gelaufen?
Wir hatten insgesamt rund 750 Mitarbeiter in Kurzarbeit, haben aber im Frühjahr auch die größte Ausbildungsoffensive der Firmengeschichte gestartet, in allen Bereichen, vom Housekeeping über die Rezeption bis zur Küche. Wir haben sofort gemerkt, unsere Leute wollen wieder etwas tun, es ist ein richtiger Ruck durch das Team gegangen, es war Aufbruchstimmung spürbar. Das war für unsere Startphase sehr wichtig, wir hatten das Warm-up schon hinter uns. Das kommt uns jetzt zugute.
In zahlreichen Tourismus-Betrieben sorgen mittlerweile Personalengpässe für massive Probleme. Wie schaut das in Ihrem Unternehmen aus?
Neue Mitarbeiter sind schwer zu finden, dieses Thema kennen alle in der Branche. Aber wir haben unser Kernteam behalten, das war der absolut richtige Weg für uns und hat auch die Vertrauensbasis mit den Mitarbeitern weiter gestärkt. Wir haben klar gesagt, wir wollen euch nicht fallen lassen, wir ziehen das jetzt gemeinsam durch und wir haben auch immer viel Kontakt gehalten, um das Feuer am Lodern zu halten und zu zeigen, dass wir daran glauben, dass der Tourismus wieder zurückkommt.
Hat sich der Tourismus durch Corona nachhaltig verändert?
Das Bewusstsein, dass wir auch unsere Regionen erhalten müssen, ist in der Pandemie gewachsen und unterstützt unser Produkt. Es wird auch in Zukunft Menschen geben, die um 250 Euro nach Ägypten in einen Club fliegen. Aber die Geiz-ist-geil-Mentalität ist dennoch in einem gewissen Segment hinterfragt worden. Das sehe ich positiv. Konzepte wie ein Disney-Land in den Alpen wollen wir nicht, das will auch die Bevölkerung nicht. Der Tourismus hat eine große Chance zurückzukommen, aber in etwas veränderter Form. Es darf ganz einfach nicht mehr das Ziel einiger Anbieter sein, sich den Ballermann auf die Berge zu holen, wo es dann nur noch um Profit geht und wo man alle trifft, nur keine Einheimischen mehr. Das steht zu Recht in der Kritik und wird in vielen Regionen so auch nicht mehr hingenommen.
Die Pandemie hat Trends wie Regionalität und Nachhaltigkeit befeuert, spüren Sie das auch?
Absolut. Als ich da vor 30 Jahren gestartet bin, wurde unser Konzept der individuellen Standorte und der Regionalität ja eher belächelt. Das hat sich total gedreht. Heute suchen auch junge Leute und Familien authentische Urlaubsprodukte. Wir müssen uns da nicht an einen Trend anpassen, nichts neu erfinden, weil wir das schon 30 Jahre lang leben. Ich sag’ manchmal, dass wir wahrscheinlich die regionalste Hotelkette der Welt sind. Wir sind ein bunter Bauchladen an verschiedenen Themen, aber die Menschen wissen, das ist regional verankert, unkompliziert und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.
Wie blicken Sie der Sommersaison entgegen?
Mit Zuversicht, das zeigen auch die Vorausbuchungen. Wenn nicht noch etwas Drastisches ausbricht, werden wir tatsächlich über dem Vorjahr liegen. Die Menschen wollen wieder raus, wollen wieder etwas unternehmen, einen Umgebungswechsel, insbesondere die Berge sind auch heuer sehr stark gefragt.
Wie sehen die Buchungszahlen derzeit aus, was erwarten Sie?
Im Vergleich zum Vorjahr, in dem der Sommer eigentlich sehr gut gelaufen ist und es erst im September mit steigenden Corona-Inzidenzzahlen schwächer geworden ist, gehen wir von einer zehnprozentigen Steigerung aus. 2020 lag die Auslastung über den Sommer insgesamt bei rund 70 Prozent, heuer sollten wir in Summe wieder auf Werte kommen, die wir auch vor Corona in der Hauptsaison hatten.
Kommen auch die deutschen Urlauber wieder zurück?
Wir sind froh, dass sich die Einreisebestimmungen zwischen Österreich und Deutschland wieder normalisiert haben, gerade an unseren Standorten in Westösterreich ist das ganz wichtig. Wir haben vor zwei Wochen ein neues Hotel in Laterns eröffnet, unseren dritten Standort in Vorarlberg. Es war sehr schön, dort auch wieder deutsche Gäste begrüßen zu dürfen.
Berge, Seen und allgemein die Natur sind sehr gefragt, der Städtetourismus kämpft aber nach wie vor mit massiven Problemen. Wie sieht die Situation in den Städtehotels von Jufa aus?
Ich bin da ebenfalls wieder optimistischer, weil wir in den Städten auch immer sehr stark die österreichischen Gäste als Zielgruppe gehegt und gepflegt haben und zudem auch in der Stadthotellerie ganz stark Familien ansprechen. Wir gehen beispielsweise in unserem City-Hotel in Wien im Sommer von einer 50-prozentigen Auslastung aus. In Graz waren wir zuletzt über das verlängerte Wochenende fast zur Gänze ausgebucht. Bis eine komplette Erholung eintritt, wird es zwar noch etwas dauern, aber wir sind auf einem guten Weg. Das zeigt sich beispielsweise auch in unserem Stadthotel in Hamburg, das auch im vorigen Sommer zu 70 Prozent ausgelastet war.
Vor zwei Wochen haben Sie ein Hotel in Vorarlberg aufgesperrt, welche weiteren Investitionen stehen auf dem Programm?
Am Donnerstag eröffnen wir unser 62. Hotel, es ist das erste in der Schweiz, in der Bergregion Savognin Bivio Albula in Graubünden. Das Haus ist gänzlich mit Holz- und Naturmaterialien aus der Region errichtet worden. Die Vorausbuchungen schauen sehr gut aus, das wird ein super Start. Wir haben gemeinsam mit Schweizer Investoren rund 15 Millionen Euro investiert. Wir stoßen da auch in eine spannende Lücke hinein, weil es ein solches Hotelkonzept dort bisher so nicht gab. Das sorgt auch für eine enorme mediale Resonanz. Wir haben aber auch andere, bestehende Standorte adaptiert und mehr als 15 Millionen Euro in diesen Relaunch investiert, davon allein sechs Millionen Euro in eine umfassende Erneuerung in unser Salzburger Stadthotel. Für das Vorarlberger Hotel wurden, gemeinsam mit Investoren, insgesamt zehn Millionen Euro in die Hand genommen.
Hohe Investitionen in einer gerade für den Tourismus fundamentalen Krise, wie stemmt man das?
Es ist natürlich nicht so einfach. Zwischenzeitlich war es ja so, dass pandemiebedingt gar keine Umsätze gemacht wurden und eben trotzdem Millionen in Erneuerungen fließen. Da hat es sich sehr bezahlt gemacht, dass wir seit Jahrzehnten Partnerschaften pflegen und private Investoren und Banken gesagt haben, für diese Pandemie könnt ihr nichts, wir unterstützen euch und schauen, wie wir da gemeinsam drüber kommen. Aber es war keine einfache Zeit, diesen Spagat zu schaffen und trotz allem den Blick nach vorne zu richten. Wir wollten aus der Krise unbedingt stärker herausrauskommen.