Der Bauboom in Österreich hat die Baukosten auf ein Rekordhoch steigen lassen. Stahl im österreichischen Großhandel wurde im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um 37 Prozent teurer, Schnittholz und Holzplatten um 11 Prozent, geht aus einer aktuellen Baukostenanalyse der Bank Austria hervor. In der zweiten Jahreshälfte werde der Baukostenanstieg aufgrund besserer Baustoffversorgung "zumindest abflachen", erwartet Bank-Austria-Ökonom Günter Wolf.
Die Baukosten im Wohn- und Siedlungsbau waren laut Statistik Austria im April um 7,5 Prozent höher als vor einem Jahr. Der Kostenanstieg heuer ist laut Analyse vor allem auf den Preisanstieg bei Stahl und Bauholz zurückzuführen. Andere Baurohstoffe mit geringeren Anteilen an den Baukosten seien ebenfalls deutlich teurer geworden, vor allem erdölbasierte Produkte wie Bitumen und Kunststoffe, beispielsweise in Form von Dämmstoffen und Folien.
Bauboom und Engpass
"Ähnlich hohe Zuwächse der Baukosten wie 2021 wurden zuletzt in den Jahren 2006 bis 2008 registriert", kommentierte Bank-Austria-Ökonom Wolf die Preisentwicklung in einer Aussendung. Damals seien die Kosten ebenfalls von einem Wohnbauboom angetrieben worden, der 2021 von erheblichen Engpässen in der Baustoffversorgung begleitet werde. "Voraussichtlich kann aber noch im laufenden Jahr mit einer Entspannung des Baukostenanstiegs gerechnet werden." Die geplante höhere Einschnittleistung der Sägeindustrie und die stärker wachsende Stahlproduktion in Europa würden wohl zu einem leichten Rückgang der Preise im Laufe des Jahres führen.
2020 wurden in Österreich rund 72.000 Neubauwohnungen errichtet, für 2021 erwarten Branchenbeobachter ähnlich hohe Neubauzahlen. In Österreich werde der Wohnbau zudem durch die Förderungen von Sanierungsmaßnahmen - in den nächsten Jahren vor allem von energetischen Vorhaben - weiter in Schwung gehalten, heißt es in der Baukosten-Analyse der Bank-Austria.
Seit Monaten leidet die Baubranche an Verzögerungen bei einigen Baustofflieferungen. Die aktuellen Lieferschwierigkeiten bei vielen Baustoffen gebe es aufgrund der hohen Baunachfrage und einigen Sonderfaktoren, so der Bankökonom. In der Coronakrise 2020 seien weltweit Produktionskapazitäten in der Stahlindustrie und der Sägeindustrie stillgelegt worden, die wegen der raschen Erholung der Nachfrage nicht schnell genug wieder in Betrieb genommen werden konnten. Zusätzlich habe die außereuropäische Nachfrage nach Schnittholz aus Deutschland und Österreich, vor allem aus den USA und aus China, 2020 und bisher auch 2021 kräftig angezogen.
Sägewerke erhöhen Produktion
Der Bankökonom erwartet eine Verbesserung der Versorgung mit Baustoffen und eine Kostenentspannung in der zweiten Jahreshälfte. Die 20 größten Sägewerke in Europa würden den Output 2021 um zumindest 6 Prozent erhöhen, deutlich stärker als in den fünf Jahren davor. Für eine Abkühlung der Holzpreise spricht laut dem Ökonom zudem der Rückgang der US-Sägeholz-Futures. Demnach seien die Preise für Lieferungen von Nadelschnittholz im Juli 2021 seit dem Rekordwert Anfang Mai um mehr als ein Fünftel, die Preise für Kontrakte mit Termin im Juli 2022 zuletzt schon um mehr als die Hälfte gesunken. "Auch die Future-Preise für Baustahl an der Metallbörse in London signalisieren eine Entspannung der Preise noch im laufenden Jahr", so Wolf. Anfang Juni hätten die Kontrakte für Baustahl-Lieferungen Ende 2021 um durchschnittlich 10 Prozent niedriger als Mitte Mai notiert.