Auf dem riesigen Gelände der Fincantieri-Werft in Monfalcone wird unter strengsten Corona-Schutzmaßnahmen auf Hochtouren gearbeitet. Allein bei Kreuzfahrtschiffen wird es auf den Werften des italienischen Schiffbaukonzerns heuer sieben Stapelläufe geben. 2022 sollen acht, 2023 neun Superkreuzer ausgeliefert werden. „Wir müssen das verlorene Wachstum aufholen“, hat CEO Giuseppe Bono als Parole ausgegeben. Dabei habe Fincantieri im extremen Coronajahr 2020 seine Resilienz bewiesen. Trotz der Pandemie-Beeinträchtigung und des Verlusts eines Fünftels der Produktionszeiten wurden im Vorjahr 19 Marine- und Kreuzfahrtschiffe und elf Hochseejachten ausgeliefert.
Luxuskreuzer für 4610 Passagiere
„Kein einziger Auftrag ging verloren“, ist die Konzernsprecherin am Sitz in Triest stolz. Vielmehr gab es mitten in der Pandemie sogar großen Grund zu feiern: Am 30. September lief mit der „Enchanted Princess“ das hundertste Kreuzfahrtschiff von Fincantieri seit 1990 von Stapel. Die „Verzauberte Prinzessin“ ist mit 1830 Kabinen für 4610 Passagiere angelegt, für die eine 1411 Frauen und Männer starke Crew sorgen wird. Bereits vorher waren im Coronajahr 2020 mit der „Silver Moon“ in Ancona und der „Scarlet Lady“ in Genua weitere Luxuskreuzer übergeben worden.
Flaute der Weltflotte
In der Zwischenzeit sind mit der in der venezianischen Werft Marghera gebauten „Costa Firenze“, der „Discovery Princess“ in Monfalcone und der „Viking Venus“ in Ancona bereits die Schiffe 101, 102 sowie 103 der Fincantieri-Flotte der letzten 30 Jahre übergeben worden.
Das sind zuversichtlich stimmende Lebenszeichen aus den Fincantieri-Werften für die Kreuzfahrt-Reisesparte, die in der Pandemie mit ihren weltweit über 400 Hochseekreuzern völlig zum Erliegen kam. 77 Milliarden US-Dollar (63,7 Milliarden Euro) versanken so weltweit in der Coronakrise, und 518.000 Jobs gingen der Kreuzfahrtreisebranche verloren.
Restart der Kreuzfahrt
Trotz des Rückschlags wollen aber so mächtige Global Players wie TUI Cruises ihr Kreuzfahrtgeschäft weiter ausbauen. Es hat Symbolkraft, dass zu Pfingsten mit der „Costa Luminosa“ erstmals wieder ein Kreuzfahrtschiff von Triest mit Passagieren an Bord Richtung Griechenland in See stach – nur getestete Personen und mit Maske, wie beteuert wurde. Die italienische Regierung hatte ab 20. Dezember alle Kreuzfahrten untersagt. Jetzt laufen weltweit die Buchungen wieder an.
"Jahr der Nachhatigkeit"
Für CEO Bono war das außerordentliche Jahr 2020 „das wichtigste Jahr für Nachhaltigkeit in allen Bereichen von Fincantieri“. Ganz oben stand der Gesundheitsschutz der 20.000 Konzern-Mitarbeiter an weltweit 250 Standorten. Für die Beschäftigten, davon 9844 in Italien, wurde außerdem mitten in der Pandemie eine Ausbildungs-, Coaching- und Mentoring-Offensive gestartet. Das Ziel, die Konzern-Crew sicher durch Corona zu führen, ließ einen spürbaren Umsatzrückgang auf 5,19 Milliarden Euro und ein Minus im Jahresergebnis leichter verschmerzen.
Diverser Fincantieri-Konzern
Fincantieri kommt nicht nur eine starke Auftragslage auf Jahre hinaus entgegen, sondern auch seine diverse Aufstellung.
Als einer der größten Schiffsbaukonzerne der Welt ist Fincantieri auch als Ausrüster der US Navy, der italienischen Marine oder der Seestreitkräfte von Katar eine Großmacht. Offshore-Schiffe und große Fähren gehören mit zum Portfolio, selbstverständlich auch Reparaturen.
Zukunftsgerichtet sind Sparten von Software und Cloud-Business bis Infrastruktur. Den Neubau für die eingestürzte Brücke in Genua hat Fincantieri hingestellt.
Erstes Zero Emission Ship
Mit dem Nachhaltigkeitsfokus meint Bono aber nicht nur das Business, sondern auch die Umwelt. Die Schifffahrt steht weltweit mit ihren CO2-Emissionen gleich neben den Flugzeugen im Kritikfeuer. Ansätze wie der LNG-Betrieb von Kreuzfahrtschiffen mit Flüssiggas, der nicht nur Feinstaub und Schwefeloxide fast zur Gänze bannt, sondern auch Stickoxide stark eindämmt, genügen trotz bis zu 20-prozentiger Reduktion des CO2-Ausstoßes für den Klimaschutz nicht. Fincantieri plant im Bereich alternative Antriebe etwa, noch 2021 das erste per Brennstoffzelle betriebene „Zero Emission Ship“ im Marinebereich fertigzustellen.
"Green Star" Costa Firenze
Kreuzfahrtschiffe wie die jüngst ausgelieferte „Costa Firenze“ tragen das internationale „Green Star 3 Design“-Zertifikat für besondere Kreislaufsysteme und Emissionsreduktion. Vermutlich haben dann auch die 5200 Passagiere in den laut Schiffsbeschreibung vorhandenen 13 Bars und sieben Restaurants ein ruhigeres Gewissen im Urlaub.
Die Übergabe der Costa Firenze ist ein Zeichen der Hoffnung und des Restarts für das ganze Kreuzfahrt- und Tourismus-Ecosystem“, sagte Michael Thamm, CEO der Costa-Group. Und er betont: „Mit Blick auf die Pandemie ist das Ziel von Costa eine nachhaltige und ,Zero Emission‘- Kreuzfahrt.“
Adolf Winkler