Die Corona-Krise hat die Gesellschaft im vergangenen Jahr stark geändert. Was war nur vorübergehend und was davon wird bleiben?

RUDOLF SCHREFL: Der letzte Lockdown ist ja gerade erst vorbei. Die Veränderungen sind teilweise nachhaltiger Natur. Die Digitalisierung wurde sowohl im Privaten wie auch im geschäftlichen Bereich durchaus stimuliert. Riesige Sprünge nach vorne haben wir zwar nicht geschafft, aber sehr wohl das Bewusstsein für die nötigen Veränderungen geschaffen. Wir wollen Digitalisierungslösungen anbieten, die für alle leistbar und für alle nutzbar sind. Das war auch einer der Gründe, warum wir bei der Frequenzauktion sehr viele Versorgungsverpflichtungen für  schlecht angebundene Orte eingegangen sind. Gerade im ländlichen Bereich sind sowohl Betriebe als auch Privatkunden extrem benachteiligt. Wir legen unseren Fokus darauf, diesen Missstand zu beseitigen. 

Wie lange wird es dauern bis diese Orte mit schnellem 5G versorgt sind?

Die Details vom Ausbauplan werden gerade erarbeitet. Die Netzplaner schauen gerade in welchem Zeitrahmen, welche Cluster, in welchen Bundesländern abgearbeitet werden können. Das hängt auch sehr stark an den Genehmigungsverfahren an den Standorten. Wir wollen natürlich den größten Teil dieser Ausbauverpflichtungen innerhalb des Zeitrahmens schaffen, der vorgegeben war. Allerdings könnte es wegen des neuen Telekomgesetzes zu Verzögerungen kommen. Dort werden auch die Sharing-Möglichkeiten neu geregelt.

Es geht um die Frage, ob auch man in entlegenen Regionen den Mitbewerbern auf der eigenen Frequenz ermöglicht, Kunden 5G zu bieten?

Es sollte in ländlichen Regionen zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommen, weil in einem Ort nur ein Anbieter verfügbar ist und im Nachbar-Tal ein anderer. Wenn es die gesetzliche Möglichkeit zum Teilen der Frequenzen gibt, muss man halt schauen, wie man das gegenseitig am besten ausbalanciert. Jeder sollte in etwa gleichviel einbringen, dann hat jeder den gleichen Vor- oder Nachteil.

Die Regierung will 1,4 Milliarden Euro in den Breitband-Ausbau investieren, primär in Glasfaser-Verbindungen. Wird Drei hier auch im Festnetzbereich mehr tun, um von den Förderungen zu profitieren?

Wir sind ja heute schon ein Full-Service-Provider. Wir haben natürlich unsere mobilen Produkte, dazu kommt Festnetz-Internet und Telefonie und hybride Modelle. Je nachdem, was der Kunde benötigt. Mit 5G könnte man aber einen großen Teil der Bevölkerung sehr viel schneller mit Breitband-Internet versorgen als mit dem Glasfaser-Ausbau. Natürlich ist beides wichtig. Allerdings muss die Förderung so gestaltet sein, dass sie nicht eine Technologie gegenüber einer anderen bevorzugt wird. Es wäre daher gut, wenn auch die Anbindung der Mobilfunk-Stationen ans Glasfasernetz unterstützt wird. Damit könnte man viel schneller viel mehr Leute erreichen.

Können die Förderungen zu einer Beschleunigung des 5G-Ausbaus führen?

Dieses Förderprogramm forciert derzeit nur den Glasfaser-Ausbau in die Gemeinden, Betriebe und Haushalte. Wenn das so bleibt, hilft uns das bei unserem Rollout für 5G sehr wenig. Dabei sind es gerade die Mobilfunker,  die mit 5G die Bevölkerung überall mit breitbandigem Internet versorgen könnten. Wenn die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, können wir die Gigabit-Gesellschaft in Österreich rasch vorantreiben.

Sie sprechen das neue Telekomgesetz (TKG) an. Der erste Entwurf wurde von den Netzbetreibern kritisiert. Wie wurden die Einwände von der Regierung aufgenommen?

Wir sind hier in kontinuierlicher Abstimmung mit den verschiedenen Stakeholdern. Es gibt auch schon einen neuen Entwurf. Ein großes Thema sind schnellere Genehmigungsverfahren. Es ist teilweise extrem komplex, sogar auf bestehende Standorte 5G zu installieren. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir einen guten zweiten Wurf haben.

Ein Kritikpunkt der Mobilfunker waren auch die Standortmieten auf Gebäuden der öffentlichen Hand, also Bund, Länder, Gemeinden und staatlichen Unternehmen. Gibt es hier Bewegung?

Es ist schon so, dass die Mobilfunker von Gemeinden manchmal als eine Art Melkkuh gesehen werden. Da gibt es Diskussionen, dass man bei einem Standort, der schon 3G und 4G hat, plötzlich für 5G mehr Miete zahlen soll. Das kann man aber gut in bilateralen Verhandlungen lösen. Ich wünsche mir viel mehr eine intensive Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern, damit wir das Genehmigungsverfahren schnell durchbekommen - gerade in unterversorgten Gemeinden.

Die Mobilfunk-Diskonter (MVNO) haben ja die Sorge, dass sie von 5G ausgeschlossen werden und haben sich deshalb an die Wettbewerbsbehörde gewendet. Wie steht Drei zu den Diskonter. Werden diese auch 5G zukaufen können?

Wir verhandeln mit allen MVNO über 5G. Wenn diese Verhandlungen abgeschlossen sind, wird es dort auch die ersten 5G-Angebote geben. Ich bin sicher, das dauert nicht mehr lange. Unser Ziel ist ja die Digitalisierung in Österreich allen zugängig zu machen. Das bedeutet natürlich auch, dass es ein entsprechendes 5G-Angebot geben sollte für Menschen, die sich bei Diskont-Anbietern besser aufgehoben fühlen. Die Digitalisierung darf nicht einer Elite vorbehalten bleiben, die sich 70-Euro-Tarife leisten können.

Die Diskont-Anbieter haben für mehr Wettbewerb und günstigere Tarife gesorgt. Das war natürlich gut für die Kunden. Aber wie steht Drei als Netzbetreiber zu dieser Konkurrenz?

Wenn man sich anschaut, dass in den vergangen zehn Jahren der allgemeine Preisindex um über 20 Prozent gestiegen ist und der Mobilfunk-Preisindex um sechs Prozent gesunken ist, dann sagt das schon alles. Im Mobilfunk steigt der Datenverkehr jedes Jahr um rund 30 Prozent. Österreich ist damit im Spitzenfeld in Europa. Drei Österreich ist der Netzbetreiber mit dem zweithöchsten Gigabyte-Konsum pro SIM-Karte in der gesamten EU. Im Durchschnitt brauchen unsere Kunden über 30 Gigabyte im Monat. Und die Preisniveaus bleiben bestenfalls stabil. Wir müssen dieses Kapazitätswachstum jedes Jahr mit dem bestehen Kosten produzieren. Das ist gut für die Industrie. Es setzt uns kontinuierlich unter Druck, effizienter zu sein und bessere Qualität zu günstigeren Preisen zu bieten. Wir haben in Österreich auch die besondere Situation, dass ein großer Teil des mobilen Internets die Lücke des Festnetzinternets in den ländlichen Regionen schließt.

Echtes Kundenwachstum haben derzeit fast nur die Mobilfunkdiskonter. Wo gibt es für Drei noch Wachstumsfelder?

Die Neukundenmärkte haben sich in den vergangenen Jahren schon etwas beruhigt. Was sich im Gegenzug entwickelt hat sind Dienstleistungen im Haushalt, wo immer mehr Geräte mit dem Internet verbunden sind, sei es die Alarmanlage oder die Hausautomatisierung. Das wird sich mit 5G noch massiv erweitern. Dann muss man diese Geräte nicht mehr mühsam ins Wlan integrieren. Ich glaube, dass es hier ein großes Potenzial gibt. Hier können wir für Kunden einen Vorteil bieten und daraus für uns auch einen monetären Nutzen ziehen.

Derzeit liegt der Fokus also auf 5G, doch an der TU Graz wird bereits an 6G geforscht. Wie beurteilen die Mobilfunker diese Entwicklung?

Wir beobachten das natürlich sehr sorgsam, weil wir die Investitionszyklen planen müssen. Wir machen Budgets über fünf Jahre. Da geht es um Milliardenbeträge, die man natürlich auch zurückverdienen muss. Deshalb ist es für uns extrem wichtig, das am Radar zu haben. Aber derzeit ist unser ganz klares Ziel, dass wir 5G so schnell wie möglich und so breit wie möglich ausrollen. Um 6G müssen wir uns noch nicht kümmern.