Das schlimmste Szenario lag im Mai vor einem Jahr fertig in der Schublade. Damals gab es noch Berge von Schadholz, die Preise waren im Keller, der Importdruck aus Tschechien und Deutschland war hoch. "Und in der ersten Schrecksekunde der Pandemie haben die Kunden die Tore dicht gemacht", wirft Bundesforste-Vorstand Rudolf Freidhager einen Blick in den Rückspiegel. "Es war ein Jahr auf der emotionalen Hochschaubahn," sagt er.
Aber manchmal sagen auch Bilder mehr als Worte. Denn wie anders dann tatsächlich alles kam, zeigt er anhand von zwei Fotos, aufgenommen in Gusswerk bei Mariazell, wo die Bundesforste einen Nasslagerplatz haben. Im Oktober 2019 war er vollgepackt mit Sägeholz, heuer im März ist er wie leergefegt. Wo zuvor rund 18.000 Festmeter aufgeschlichtet waren, "sind es heute vielleicht noch 17 Meter," scherzt Freidhager.
Der Bundesforste-Vorstand hat bei der Bilanzpräsentation 2020 gut lachen: Das worst case-Szenario, das den ersten Verlust in der Geschichte der Bundesforste einkalkulierte, trat nicht ein, sondern das glatte Gegenteil. "Wir hätten nicht erwartet, dass wir ein Ergebnis präsentieren können, das sogar besser ist als 2019," so Finanzchef Georg Schöppl. 17,3 Millionen Gewinn vor Steuern weist die Bilanz aus, 29 Prozent mehr als 2019. Die Betriebsleistung war mit 138 Millionen Euro praktisch unverändert. Der Staat bekommt drei Millionen Euro Dividende und weitere 4,5 Millionen Fruchtgenussentgelt.
"Einzigen Mitteleuropa mit nennenswerten Gewinnen"
Dabei war das reine Forst- und Holzgeschäft als Kerngeschäft des Unternehmens ein Verlustbringer. Ohne die vor Jahren aufgebauten Sparten Immobilien, Erneuerbare Energien und Dienstleistungen wäre Österreichs größter Waldbesitzer finanziell auf dem Holzweg. Freidhager vergleicht sich gern mit den staatlichen Forsten anderer Länder: "Wir sind die einzigen in Mitteleuropa mit nennenswerten Gewinnen." Die Immobilien waren 2020 mit 24,6 Millionen Euro der größte Ergebnisträger der Bundesforste.
Die dramatische Veränderung am Holzmarkt lässt die Bundesforste heuer allerdings darauf hoffen, dass auch die Zahlen im Kerngeschäft die rote Zone verlassen, wobei die Preise noch immer nicht gut seien, wie Freidhager und Schöppl betonen. Immerhin sei die geplante Erntemenge des heurigen Jahres nahezu vollständig verkauft.
Massiv entstressend für den Wald sei auch das bereits seit drei Monaten anhaltende Regenwetter. Denn ein weiteres extrem trockenes Frühjahr und ein Hitzesommer hätten dem Wald schwer zu schaffen gemacht, erklärt Freidhager. Die Aussicht, beim Einschlag heuer vielleicht nur 50 Prozent der Bäume als Schadholz einstufen zu müssen, ist eine gute: Denn in den Vorjahren waren die Schadholz-Anteile enorm gestiegen, obwohl es keine extremen Windwürfe durch Orkane gab.
Gegen Exportverbote
2020 lag der Schadholzanteil bei 81 Prozent der geernteten 1,69 Millionen Festmeter, ein neuer Negativrekord. In den 1990er Jahren hatte es oft nur Schadholzquoten zwischen 20 und 30 Prozent gegeben. Auch die Klimakosten, die die Bundesforste seit 2014 eigens errechnen, haben mit 48 Millionen Euro eine neue Rekordmarke erreicht, nach 42 Millionen Euro 2019. Bei knapp 16 Millionen waren sie noch 2017 gelegen. Die Bundesforste summieren hier etwa Ausgaben für die Borkenkäferbekämpfung, aber auch längere Transportwege auf der Bahn, wenn etwa sehr große Schadholzmengen aus dem Waldviertel erst in Tirol einen Abnehmer finden.
Der durchschnittliche Festmeterpreis lag bei 57 Euro, "bei 80 Euro für den Festmeter Fichte frei Werk waren wir glücklich," beschreibt Freidhager die Marktlage 2020. Wie dramatisch sich das Blatt gewendet hat: "Aktuell reden wir über 140 bis 150 Euro."
Angesichts des Hypes auf dem Holzmarkt Exporte etwa in die USA zu verbieten, wie das kürzlich in Deutschland gefordert wurde, davon halten die Bundesforste-Chefs rein gar nichts. "Der Rundholzmarkt ist ein europäischer," so Freidhager, "der Schnittholzmarkt ist ein Weltmarkt." Auch viele österreichische Unternehmen seien weit über Österreichs Grenzen hinaus tätig. Freidhager: "Wenn man in den USA für einen Kubikmeter Schnittholz 700 bis 800 Euro bekommt, warum soll man da nicht hin exportieren?" Wobei die Bundesforste lediglich "Apothekermengen", wie es Schöppl ausdrückt, nach Südtirol und Bayern verkaufen.
Kein Geld aus dem Waldfonds
Aus dem mit 300 Millionen Euro dotierten Waldfonds, aus dem private Waldbauern in den kommenden zehn Jahren staatliche Hilfen schöpfen können, werden die staatlichen Bundesforste kein Geld in Anspruch nehmen. Schließlich sei man als Staatsbetrieb in letzter Konsequenz ohnehin durch den Steuerzahler abgesichert.
Der Betrieb mit etwa 965 Mitarbeitern will seine Zukunftsinvestitionen aus eigener Kraft stemmen. 160 Millionen Euro sollen bis 2025 investiert werden - 2020 waren es 26 Millionen. 90 Millionen davon fließen in die Energiesparte, wo die Leistung von Wasser-und Windkraftwerken von 304 auf 400 Gigawattstunden hinaufgeschraubt werden soll. Ein weiter Schwerpunkt ist der "Wald der Zukunft", zwölf Millionen Euro fließen heuer im Rahmen dieses langfristigen Programms in konkrete Maßnahmen, um den Wald klimafit zu machen. Etwa mit Eichen oder Nadelbäumen wie Tanne, Lärche oder auch Douglasien, wenn Fichten und teilweise auch Buchen zumindest in niedrigen Lagen dem Klimastress nicht mehr gewachsen sind.
Claudia Haase