Das Vorjahr war für TUI auch in Österreich ein sehr schwieriges Jahr, es musste auch Personal abgebaut werden. In welchem Ausmaß?
GOTTFRIED MATH: In letzter Konsequenz mussten 23 Prozent unserer Mitarbeiter gehen, rund 100 Beschäftigte, das war hart, aber wir haben uns auch neu aufgestellt, sind jetzt schlanker, schneller und auch effizienter unterwegs. Wir haben Struktur und Organisation angepasst, die Digitalisierung vorangetrieben und auch unangenehmere Themen in Angriff genommen.
Gibt es bei TUI Österreich noch Kurzarbeit?
Wir haben sie bis Ende Juni angemeldet, das ist auch notwendig. Wir fahren aber jetzt sukzessive die Arbeitszeit nach oben, weil wir sehen, dass auch die Frequenz in den Reisebüros wieder sehr stark zunimmt.
Wie fällt Ihr Blick auf den kommenden Sommer aus?
Es geht los, das ist ein gutes Gefühl. Im touristischen Bereich hören wir von den Kunden, endlich Urlaub, endlich wieder Meer. Ich bin da sehr zuversichtlich. Wir sind für den Restart gerüstet, wir haben ein umfassendes Programm und einen Flugplan aufgestellt. Das Ziel für heuer ist, dass wir rund 75 Prozent des Vorkrisenniveaus abwickeln können, und 2022 hoffen wir, dass wir an die Vor-Corona-Zeiten anknüpfen.
Wohin geht die Reise, welche Destinationen sind gefragt?
Wir sehen wieder einen Trend zu klassischen Mittelmeerdestinationen, allen voran Griechenland. Bei den Neubuchungen liegt Griechenland unangefochten an der Spitze, gefolgt von Spanien und Italien. Dann wird sich zeigen, wie es mit Kroatien weitergeht. Was wir überhaupt nicht wissen, ist, wie sich die Türkei und Ägypten entwickeln.
Müssen Pauschalreisen stark über den Preis verkauft werden?
Die Reisepreise sind insgesamt gesunken, wir geben unsere besseren Einkaufskonditionen weiter. Wenn man aber die Zusatzleistungen dazurechnet, die stark nachgefragt werden, dann steigen die Preise. Der Kunde ist bereit, extra aufzuzahlen, und will sich etwas gönnen.
Wird es mittelfristig auch wieder Preiskämpfe geben?
Ich hoffe, dass wir da nicht so schnell wieder hineinkommen. Es hat sich gezeigt, dass dieses Preisthema auch von der Politik aufgegriffen wird. Es gibt beispielsweise die Debatte um einen gewissen Mindestflugpreis.
Wie stehen Sie dazu?
Ich würde das für gut befinden, das, was da teilweise von manchen Airlines angeboten wurde, war einfach nicht nachhaltig. Flüge um 29 Euro von Wien nach Mallorca, das wird hoffentlich nie wiederkommen.
Was wäre ein akzeptabler Mindestflugpreis?
Alles unter 100 Euro finde ich nicht okay.
Es hat zuletzt massive Diskussionen über die Bedeutung der Bundesländerflughäfen gegeben, befeuert vom Plan, dass es keine innerösterreichischen AUA-Zubringerflüge nach Wien mehr geben darf, sobald die Bahnfahrt nicht länger als drei Stunden dauert. Wie verfolgen Sie diese Debatte?
Aus Kundensicht ist es natürlich praktisch, wenn ich den Regionalflughafen nutzen kann, um dann in Wien umzusteigen, gerade für Geschäftsreisende. Auch wir werden da von Firmenkunden angesprochen, die klar sagen, das muss bleiben. Die Sorge ist auch, dass das Wien negativ treffen wird, weil dann viele über München fliegen.
Sind innerösterreichische Wien-Flüge in Zukunft ökologisch noch darstellbar?
Ökologisch sind diese Flüge aus meiner Sicht nicht darstellbar, sobald die Bahn entsprechend ausgebaut ist, das zeigt sich jetzt schon in Salzburg und Linz.
Wird die Bedeutung der Regionalflughäfen dadurch abnehmen?
Bei uns sicherlich nicht. Wir bauen unser Charter-Angebot aus und intensivieren unsere Bundesländeroffensive. Wir haben auch mit dem Grazer Flughafen ab Mitte Juni ein schönes Programm aufgestellt. Wir bieten heuer ab Graz u. a. Flüge nach Zakynthos an, haben mit Zypern auch eine neue Destination aufgenommen und wollen vor allem Steirer, Kärntner und Slowenen erreichen.
Welche Rolle spielen Sicherheitspakete und Storno-Möglichkeiten bei der Buchung?
In der Vergangenheit stand für Kunden Preis-Leistung an erster Stelle, jetzt sind das Flexibilität und Sicherheit. Wir bieten da einen eigenen Flex-Tarif, gestaffelt nach Reisepreis, der eine Stornierung oder Umbuchung bis 14 Tage vor Reisebeginn kostenlos ermöglicht. 80 Prozent unserer Neubuchungen erfolgen mit diesem Tarif. Bei 6000 Hotels in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien ist über Flex-Tarife kostenloses Storno bis 18 Uhr am Anreisetag möglich. Vorerst bis Ende Juni haben wir mit Covid-protect auch einen speziellen Versicherungsschutz bei den Reisen inkludiert.
Wir erleben eine Renaissance der direkten Beratung, etwa auch in Reisebüros. Merkt man das?
Das Thema Sicherheit zahlt auch auf persönliche Beratung und direkte Ansprache ein. Wir haben schon 2020 gemerkt, wie wichtig eine persönliche Ansprechperson im Reisebüro für die Kunden ist. Das wird auch bleiben, der stationäre Vertrieb hat absolut seine Berechtigung.
Wie hat sich die Zahl der TUI-Reisebüros in Österreich entwickelt?
Wir haben im Zuge der Krise rund zehn Prozent unserer Filialen geschlossen, sind aber noch immer mit rund 60 Reisebüros im Markt quer über Österreich aufgestellt. Diesen Filialstand werden wir auch halten, da wollen wir keine weiteren Reduktionen vornehmen.
Vor Corona lagen schnelle Wochenendtrips mit dem Flugzeug stark im Trend, wird das zurückkommen?
Das wird sicher weniger werden, ich denke, dass Corona da schon zu einem neuen Bewusstsein geführt hat. Der schnelle Hupfer zum Einkaufen nach London oder Barcelona wird nicht mehr in diesem Ausmaß zurückkommen.
Wie steht es um die Geschäftsreisen, die in der Krise ja komplett eingebrochen sind?
Das Segment war sehr stark betroffen. Ich schätze, dass in etwa 20 Prozent des Vor-Corona-Volumens dauerhaft nicht mehr zurückkommen. Aber 2024/25 können wir wieder 80 Prozent des Vorkrisenniveaus erreichen.