Arbeitsminister Martin Kocher hat zusammen mit den Ökonomen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), des Instituts für Höhere Studien (IHS) und der Synthesis Forschung über die Zukunft der Kurzarbeit beraten. "Österreich hat auch im europäischen Vergleich ein besonders großzügiges System", erklärt der Verhaltensökonom Kocher, der schon in seiner Funktion als IHS-Chef zur Vorsicht beim Einsatz dieses Instruments geraten hat.
Wegen der weitgehenden Öffnung der Wirtschaft im Mai rechnet Kocher nun mit einem robusten Aufschwung im Sommer. Und hier könnte die Kurzarbeit negative Effekte haben und die Erholungen behindern. "Wir müssen konjunkturgerecht aus der Corona-Kurzarbeit aussteigen und zu einem Vorkrisen-Modell zurückkommen." Dazu wird nun mit den Sozialpartnern verhandelt.
Auch wenn der Aufschwung im Sommer kommt, so wird die Kurzarbeit dennoch nicht mit 30. Juni auslaufen. "Die Erholung wird nicht alle Bereiche gleich betreffen, deshalb arbeiten wir an einer Phase 5 der Kurzarbeit." Allerdings werde es strengere Regeln geben, was die Arbeitszeit oder die Zugangsvoraussetzungen betrifft. Auch ein Selbstbehalt für Unternehmen sei möglich. Bei der Dauer spricht Kocher von drei Monaten, wobei man flexibel bleiben wolle.
Kein Anreiz, mehr zu arbeiten
Bestärkt wird Kocher in seinen Analysen von den Wirtschaftsforschern, die die Situation am Arbeitsmarkt laufend analysieren. Die Fachwelt sei sich hier größtenteils einig, sagt Wifo-Chef Christoph Badelt. "Die Kurzarbeit ist ein Schlüsselelement, um eine Krise zu meistern. Aber sie kann auch den Aufschwung bremsen." Im aktuellen Kurzarbeitsmodell gebe es weder für Firmen noch für Mitarbeiter einen finanziellen Anreiz, die Arbeitszeit wieder zu erhöhen. "Man muss es wieder attraktiv machen, mehr zu arbeiten."
Sofort beenden würde auch Badelt die Kurzarbeit nicht. "Der Aufschwung wird nicht überall gleich sein." Dennoch müsse die wirtschaftliche Notwendigkeit im Einzelfall deutlich genauer geprüft werden. Hier sieht der Wifo-Chef nun Gewerkschaft und Wirtschaftskammer in der Pflicht, die ja die Modelle auf betrieblicher Ebene verhandeln. "Es wäre einfach, sich darauf zu einigen, dass der Finanzminister bezahlen soll. Doch die Sozialpartner haben hier eine gesellschaftliche Verantwortung."
Verhinderter Wandel
IHS-Ökonom Helmut Hofer sieht auch die Gefahr, dass eine zu lange Kurzarbeit einen Wandel der Wirtschaft verhindern könne, und bringt die Stadthotellerie als Beispiel. Diese werde natürlich auch im Sommer noch stark von den Reiseeinschränkungen betroffen sein. Doch es sei fraglich, ob dieser Bereich des Tourismus je wieder auf Vorkrisen-Niveau sein werde. "Die Digitalisierung verändert hier vieles. Es wird wohl weniger Kongresse vor Ort geben und mehr mit Videokonferenzen gearbeitet werden. Dadurch sinkt der Bedarf an Hotelbetten."
Um den Klimawandel zu bekämpfen, dürften auch Flugtickets in Zukunft teurer werden, was zu einer Reduktion der Kurztrips in Städte führen könnte. "In der Branche ist eine Reorganisation nötig", sagt Hofer. Eine zu großzügige Kurzarbeitsregelung könnte das behindern.
Andere Schwerpunkte
Wolfgang Alteneder von Synthesis Forschung geht schließlich auf die Kosten für Kurzarbeit ein. "Die Regierung nimmt hier viel Geld in die Hand." Nun müsse verhindert werden, dass dieses Geld den Aufschwung möglicherweise bremst. "Die Mittel können nämlich in anderen Bereichen der Arbeitsmarktpolitik besser eingesetzt werden."
Roman Vilgut