Corona befeuert den Trend zum Rückzug in den privaten Kokon, das Cocooning. Die Unternehmensberatung Accenture hält es gar für möglich, dass ein "Jahrzehnt des Zuhause" heraufzieht.
Symptomatisch ist das derzeit in Österreich an der enormen Nachfrage nach privaten Swimmingpools zu beobachten.
"Wir sind bis Ende August ausgebucht", sagt etwa Jan-Pascal Hammerl, Verkaufsleiter der ungarischen Ampron-Pools, die in Wiener Neustadt ihre österreichische Vertriebsniederlassung haben und europaweit bis zu 300 Becken pro Saison verkaufen. Er bemerkt: "Viele Kunden wollen sich dem Stress rund um Corona-Impfung, -tests, und Quarantäne beim Verreisen nicht aussetzen, legen ihr Urlaubsbudget für mehrere Jahre zusammen und gönnen sich einen Pool."
Zuliefer-Engpässe
In den vergangenen Jahren hat Hammerl vor allem Pools im Preissegment zwischen 35.000 und 50.000 Euro verkauft. Jetzt gehen vor allem günstigere Varianten zwischen 15.000 und 25.000 Euro gut. "Der Swimmingpool ist in der Mittelschicht angekommen." Am besten gehen laut Hammerl 7 mal 3-Meter-Pools bzw. 7 mal 4. Für kleinere braucht man eine Gegenschwimmanlage, um Tempi machen zu können.
Die hohe Nachfrage und die coronabedingten Produktionseinschränkungen haben Lieferprobleme zur Folge. Hammerl: "Poolüberdachungen zum Beispiel - da beträgt die Lieferzeit derzeit sechs bis acht Wochen."
"Keinen Tag Stillstand"
Alfred Ploj hat 1996 Isotec Steirerpools gegründet und beschäftigt mittlerweile 19 Mitarbeiter. Ploj hat heuer schon so viele Pools gebaut wie sonst bis September: „Mit unserem momentanen Auftragsstand können wir uns keinen Tag Stillstand leisten. Die Kunden wollen im Sommer ihren Pool. Gerade in diesen Zeiten, in denen man nicht viel fortfahren kann." Das Familienunternehmen Predlpool in Fernitz bei Graz verzeichnet "doppelt so viele Anfragen" wie in Vor-Corona-Zeiten", sagt Stefanie Predl. "Wir sind im Hochpreissegment, aber die Kunden wissen, welche Ausgaben auf sie zukommen." Und Zinsen gibt es ohnehin keine.
2020 war schon ein gutes Pool-Jahr. "Aber heuer verzeichnen wir eine weitere Steigerung um 20 bis 25 Prozent", sagt Jürgen Fritz, der in Klagenfurt seit 23 Jahren eine Poolfirma (Fritz Pool) betreibt. Auch Fritz, der bis nach Salzburg und Berlin liefert und heuer rund 40 Pool-Projekte abarbeiten wird, sagt: "Der Privatmensch macht es sich häuslich." Er könne nicht auswärts urlauben und sage sich: "... dann wenigstens einen Swimmingpool im eigenen Garten." Und auch Fritz weiß um die derzeitigen Engpässe der Zulieferer zu kämpfen: Rohre, Ersatzteile, Pumpen, Filter. "Wenn die Lieferprobleme nicht wäre, könnten wir mehr Aufträge annehmen."
"Jetzt bestellen, Pool im Herbst"
"Extrem gut gebucht" sind auch die Kärntner Aura Schwimmbadsysteme. "Wir mussten unser 30-köpfiges Stammpersonal um Leiharbeiter aufstocken", sagt Prokurist Michael Doujak. Gefragt sei die ganze Produktpalette: Stahlmantelpools, Polypropylen-Pools, Edelstahlpools. Doujak vermutet als einen Grund für den Trend die Angst der Menschen vor einer möglichen Inflation. Auch er meint: "Wer jetzt bestellt, hat seinen Pool wahrscheinlich erst im Herbst."
Corona sei für manche Poolbauer "ein Segen", aber auch ein Fluch. Poolbauer Fritz: "Weil die Menschen Zeit haben, bekommen wir enorm viele Anfragen. Das bindet Zeit und führt nicht unbedingt zu Abschlüssen. Trotzdem kann man uns telefonisch erreichen. Wir heben ab und es läuft nicht alles übers Internet, wie bei vielen Mitbewerbern."
Obwohl sich in der Branche immer mehr Marktteilnehmer tummeln, hat die gestiegene Nachfrage laut Fritz Preissteigerungen zur Folge: "Früher einmal hat ein Pool 50.000 Schilling gekostet, jetzt kostet er 50.000 Euro."