Pro
Strauchelnder Firmen durch den Staat kann funktionieren! Es darf aber nicht sein, dass Verluste verstaatlicht und Gewinne dann privatisiert werden. Auflagen des Staates, auch für den Klimaschutz, sind nötig. "
Barbara Blaha, Leitung des sozialökologischen Thinktank "Momentum Institut Wien"
Staatsbeteiligungen sind niemals eine Lösung! Das ist aktuell die politische Devise vom Wirtschaftsministerium abwärts. Wichtig ist, zu bedenken: Es handelt sich dabei um eine ideologische Festlegung, nicht um einen Erfahrungswert.
Denn Ideologie steht einer pragmatischen Wirtschaftspolitik im Weg. Ein Beispiel: die Bankenrettung nach der Finanzkrise 2008. Während Österreich seine Banken mit öffentlichen Kreditspritzen wieder aufpäppelte, haben (ausgerechnet!) Länder wie die USA und die Schweiz sich nicht mit ideologischen Beschränkungen aufgehalten, die Notenbank bzw. der Staat beteiligten sich an den Banken. Wie auch schon Norwegen und Schweden in den 90er-Jahren. Das Resultat waren Gewinne für die öffentliche Hand, weil die Allgemeinheit nicht nur Geld lieh, sondern auch an der Wertsteigerung nach der Krise beteiligt war. In Österreich kostete die Bankenrettung hingegen über 10 Milliarden Euro – selbst nach Abzug der eigens geschaffenen Bankenabgabe.
Bei der Coronarettung der AUA, aber auch in der Art und Weise, wie die staatliche Hilfsgesellschaft Cofag aufgestellt ist, wird deutlich: Das System scheint auf die Verstaatlichung von Verlusten und die Privatisierung von Gewinnen ausgelegt. Bedingungen stellen wir keine, anders als etwa Frankreich, wo öffentliches Geld an Klimaauflagen gekoppelt ist.
Während staatliche Hilfsgelder sprießen, schütten Unternehmen hohe Dividenden an ihre Eigentümer aus. Das gilt auch für jenen MAN-Konzern, der das profitable Lkw-Werk in Steyr nun möglichst billig loswerden will und sich an eigene Versprechungen nun partout nicht mehr erinnern möchte.
Dass die Sanierung von strauchelnden Unternehmen mit Staatsbeteiligungen funktionieren kann, zeigen auch andere Beispiele. Die staatliche GBI, damals liebevoll „Pleiteholding“ genannt, sanierte mit öffentlichem Geld Unternehmen, rettete Tausende Arbeitsplätze und profitierte eben auch von der Erholung. Etwa bei den ATB-Motorenwerken im steirischen Spielberg. Die GBI wurde dann von der schwarz-blauen Regierung aufgelöst.
Letztlich geht es um simple Fragen: Wie wichtig sind der Politik Arbeitsplätze? Wie ernst nehmen wir den Klimaschutz? Und: Beschränkt sich unsere Krisen-Bekämpfung darauf, Privaten (MAN gehört indirekt zum Großteil der Milliardärsfamilie Porsche-Piëch) große Mengen an Steuergeld zu überantworten, ohne dafür auf Gegenleistungen im Sinne der Allgemeinheit zu bestehen?
Kontra
Der Staat ist kein guter Unternehmer! Deshalb soll er schon bestehende Anteile an Staatsbetrieben reduzieren. Die Erlöse könnten wie in Norwegen langfristig investiert werden - zum Wohl aller Steuerzahler.
Franz Schellhorn, Direktor liberaler Thinktank Agenda Austria
Wir Österreicher haben eine Fülle an Talenten. Wir sind hervorragende Gastgeber, haben Humor, sind innovativ und verstehen es bestens, aus einem kleinen Land heraus die ganze Welt mit hervorragenden Produkten und Dienstleistungen zu versorgen. Nur eines können wir nicht: Staatsbetriebe zum Wohle ihrer Eigentümer (also aller Bürger) zu führen. Dafür brauchen wir uns nicht zu schämen. Der Staat ist überall ein schlechter Unternehmer. Aber hierzulande packen wir eines drauf. Hält der Staat Einzug, folgen Funktionäre, Parteifreunde, Cousinen und Schwäger, bis alle „untergebracht“ sind.
Dennoch fordern SPÖ, Gewerkschaft und deren Nachfeldorganisationen, dass der Staat wieder verstärkt bei strauchelnden Betrieben einsteigen möge. Um Standorte und Jobs zu „retten“. Dabei haben wir das oft genug durchgespielt, das Ergebnis war immer dasselbe: Die dreiste Postenschacherei führte stets zu aufgeblähten Personalständen und ineffizienten Strukturen, weshalb die Eigentümer (also alle Bürger) am Ende horrende Verluste zu tragen hatten – und die Jobs erst recht weg waren. Der Staat ist kein Unternehmer, er hat andere Aufgaben. Das Verstaatlichten-Desaster der 1980er-Jahre darf sich nicht wiederholen.
Am besten wäre es, wir würden auch bestehende Staatsbetriebe bis zu einer Sperrminorität von 25 Prozent privatisieren und die Erlöse wie der norwegische Staatsfonds anlegen. Der investiert weltweit – ohne Postenschacherei. Und davon profitieren alle Norweger. Mit den Erträgen könnten auch wir in einigen Jahrzehnten die horrenden Defizite des staatlichen Pensionssystems abdecken. Oder allen Bürgern ein lukratives Aktienpaket zustellen.
Stattdessen diskutieren wir ernsthaft darüber, ob der Staat (also wir Bürger) beim MAN-Werk in Steyr einsteigen soll. Eine schlechte Idee. Erstens, weil Lkw nicht zur kritischen Infrastruktur zählen. Zweitens, weil das Werk in seiner jetzigen Verfassung nicht zukunftsfähig ist. Wäre es anders, stünde die Automobilwirtschaft Schlange, um den Standort zu übernehmen. Und drittens, weil in der Region händeringend nach Fachkräften gesucht wird, womit die MAN-Beschäftigten keine Probleme haben sollten, in der Nähe neue Arbeit zu finden.
Die Belegschaft von MAN hat das Angebot des Investors Siegfried Wolf abgelehnt. Das ist zu respektieren. Aber der Staat sollte sich jetzt nicht zum großen Retter aufschwingen. Dazu fehlt ihm jegliches Talent. Er verschwendet bloß Geld. Unser aller Geld. Und die Jobs gehen am Ende trotzdem verloren.