Für Gelder, welche die Banken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) "parken", müssen "Strafzinsen" gezahlt werden, aktuell in Höhe von 0,5 Prozent. Und eben diese geben auch österreichische Banken vermehrt an ihre Unternehmenskunden weiter. Häufig unter dem Titel Verwahrentgelt. Trotz dieser negativen Zinssätze sind die Einlagen bei den Banken 2020 in Österreich um 19,7 Prozent sprunghaft angestiegen.
Laut der Österreichischen Nationalbank (OeNB) dürften dafür unter anderem aufgrund der Coronakrise aufgeschobene Investitionen ein maßgeblicher Grund sein. Negative Einlagenzinssätze für Unternehmen sind aber kein österreichisches Unikum, sondern im Euroraum weit verbreitet.
Ab drei Millionen Euro
Die Kärntner Sparkasse beispielsweise betrachtet bei der Entscheidung, ob den Kunden Negativzinsen verrechnet werden oder nicht, die Gesamtkundenverbindung, so Rudolf Köberl, Bereichsleiter Privatkunden der Kärntner Sparkasse. Das Problem generell für die Banken sei, dass sie "derzeit die Einlagen nicht wieder als Kredite im Markt unterbringen". Daher würden viele Banken bei größeren Einlagen von Unternehmen eine Verwahrgebühr verrechnen, welche einem negativen Zinssatz entspreche. Bei der Kärntner Sparkasse betrage diese ab drei Millionen Euro für Taggelder minus 0,5 Prozent und bei Zwölf-Monats-Geldern minus 0,3 Prozent. Je nach Entwicklung der Marktsituation, also des Zinsniveaus, der Einlagen und Kredite, könne das Limit von derzeit drei Millionen Euro aber auch noch weiter sinken.
Bei der BKS Bank werden Firmenkunden bei höheren Sichteinlagen auf Zahlungsverkehrskonten aufgrund der aktuellen Zinssituation Negativzinsen verrechnet, erklärt Vorstandsvorsitzende Herta Stockbauer. Die Höhe werde abhängig vom Umfang der gesamten Geschäftsbeziehung und vom Einlagenbetrag individuell mit dem Kunden vereinbart.
Die Raiffeisen Landesbank Kärnten wiederum verrechnet ein Verwahrentgelt ausschließlich auf Einlagen von Unternehmen, die höher als 250.000 Euro sind. Die Höhe der Zinsen, so Vorstandssprecher Peter Gauper, orientiere sich dabei an jenem Zinssatz, welchen die Notenbank an die Banken weiter verrechnen.
Ähnlich will es auch die Volksbank Kärnten ab Mitte des Jahres handhaben. Laut Vorstandsvorsitzendem Johannes Jelenik hat das Geldinstitut "trotz schon lange anhaltender negativer Zinssätze am internationalen Geldmarkt bis heute keine Weiterverrechnung an seine Kunden veranlasst". Vor dem Hintergrund der geldpolitischen Entscheidung der EZB und der starken Auswirkungen auf die Zinsmargen, werde nun aber eine Verwahrgebühr in Höhe von 0,50 Prozent für Guthabenstände ab einem freien Sockelbetrag von 250.000 Euro auf Girokonten von Kommerzkunden eingeführt. In individuellen Gesprächen sollen Pakete geschnürt werden.
Wie die BKS Bank will sich auch die Bawag PSK in Zusammenhang mit Negativzinsen nicht auf eine bestimmte Einlagenhöhe bzw. einen Zinssatz festlegen. "Bei Corporate Business-Kunden sind Negativzinsen möglich, wobei auf Basis der individuellen Beratung eine Gesamtbetrachtung des Kunden vorgenommen wird. Hält der Kunde beispielsweise gleichzeitig höhere Kredite bei uns oder auch größere Wertpapierdepots, so werden individuelle Pakete geschnürt", sagt Sprecherin Henriette Mußnig.
Verwahrgebühr für große Guthaben
"Keine Negativzinsen" verrechnet die UniCredit Bank Austria laut dem Vorstand Privatkundenbank Mauro Maschio. Für institutionelle Kunden, Kunden des öffentlichen Sektors und Firmenkunden mit hohen Einlagen würden in erster Linie "alternative Anlagelösungen und Vergütungsmodelle angeboten". Im nächsten Satz folgt dann die Relativierung. Denn darüber hinaus verrechne die UniCredit Bank Austria "nach individueller Vereinbarung eine Verwahrgebühr für große Guthaben" – was Negativzinsen entspricht.
Individuell agiert in der Frage der Negativzinsen auch die Austrian Anadi Bank. Es gebe "keine generelle Betragsgrenze", ab welcher Negativzinsen verrechnet würden. Für Kunden mit tendenziell großen Einlagen werden interne Obergrenzen individuell geplant", heißt es weiter. Zudem würden sie auch auf alternative Veranlagungsformen hingewiesen.
Keine Negativzinsen für private Spareinlagen
Und wie sieht es mit privaten Spareinlagen aus? Hier muss die Einführung von Negativzinsen nicht befürchtet werden, denn es ist kraft eines Höchstgerichts-Urteils aus dem Jahr 2009 in Österreich nicht erlaubt.
Astrid Jäger