Hans Dieter Pötsch ist kein in Wolfsburg residierender Industriemogul, der Steyr nur von der Landkarte kennt. Der aus Oberösterreich stammende Aufsichtsratsvorsitzende des Volkswagen-Konzerns, zu dem MAN gehört, ist noch sehr oft in heimatlichen Gefilden unterwegs. An einer zukunftsweisenden Lösung des MAN-Standortes Steyr mit Siegried Wolf ist ihm auch persönlich immer viel gelegen.
Entsprechend verhalten zeigt sich Pötsch am Freitag bei der Jahrespressekonferenz der Deutschen Handelskammer in Österreich, deren Präsident er ist, als er zur Causa prima befragt wird: "Ich bin da sehr enttäuscht, dass diesem Plan nicht zugestimmt worden ist. Denn dieser Plän hätte die Rettung eines großen Teils der Belegschaft ermöglicht, verbunden auch mit einer klaren Zukunftsperspektive für den Standort." Wolfs Plan sei "sehr belastbar" und von MAN auch intensiv durchleuchtet worden. "In der Konsequenz nach diesem Ergebnis muss MAN jetzt die Schließungspläne für das Werk wieder aufnehmen, weil wir ja außer diesem Angebot des Investors Wolf keine Alternativen vorliegen haben, die es sich lohnt weiterzuverfolgen," so Pötsch. Er wählt seine Worte mit großem Bedacht. Etwas zu sagen, das über die offizielle Position von MAN hinausgeht, kann Pötsch in seiner Funktion nicht verantworten.
Es geht um eine Milliarde Euro Wertschöpfung
Wie es der Zufall will, ist auch Gabriel Felbermayr Teilnehmer der Pressekonferenz. Der Chef des Kieler Weltwirtschaftsinstituts und designierte Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitus Wifo, kommt zudem aus dem Bezirk Steyr-Land und kennt die Region bestens. Er sieht das Abstimmungsergebnis ebenfalls sehr kritisch. "Das ist ein Vorgang, der Sorge macht, und wo man sich fragen muss, ob die Mitarbeiter von MAN, die jetzt abgestimmt haben, die gesamtwirtschaftliche Sicht eingenommen haben. Es geht nicht nur um ihre Jobs," sagt Felbermayr. Neben den gut 2000 direkt Betroffenen hingen durch Zulieferbetriebe insgesamt 8000 bis 9000 Beschäftigte an der MAN-Fertigung. Es gehe um eine Milliarde Euro Wertschöpfung. "Eine Milliarde weniger, das wird sehr breit getragen bis hin zur kleinen Bäckerei, die weniger Umsatz macht." Er sehe auch keine wirksamen Möglichkeiten, "wie die Politik hier helfen kann". Felbermayr: "Von der Politik zu erwarten, sie könnte das mit dem Zauberstab lösen, das ist natürlich abwegig."
Die Sozialpartner drängen nun auf die Rückkehr an den Verhandlungstisch. Der oberösterreichische AK-Präsident Johann Kalliauer ist überzeugt, dass das passieren wird und sagt: "Ich gehe davon aus, dass es für Steyr eine Lösung geben wird."
Claudia Haase