Der Versuch der Bildung der ersten Gewerkschaftsvertretung beim Onlineversandhändler Amazon in den USA ist gescheitert. Bei der live übertragenen Stimmauszählung erreichte das Nein-Lager am Freitag die Mehrheit. Die Abstimmung in einem Amazon-Logistikzentrum in Bessemer im Bundesstaat Alabama hatte große symbolische Bedeutung: Amazon ist strikt gegen die Einrichtung von Arbeitnehmervertretungen.
Die Mobilisierungskampagne für das Votum war auf beiden Seiten scharf geführt worden und hatte internationale Aufmerksamkeit erregt. Von den mehr als 5800 Mitarbeitern des Logistikzentrums gaben letztlich 3215 ihre Stimme ab. Bei der laufenden Stimmauszählung überschritt das Nein-Lager am Freitagvormittag (Ortszeit) die Mehrheitsschwelle von 1608 Stimmen. Zu diesem Zeitpunkt waren lediglich etwas mehr als 600 Ja-Stimmen gezählt.
Amazon entschieden gegen die Pläne
Die Initiative der Einzelhandelsgewerkschaft RWDSU hatte eine landesweite Debatte über die Arbeitsbedingungen bei dem Versandhändler mit seinen 800.000 Angestellten in den USA ausgelöst. Gewerkschaften und auch Politiker beklagen seit langem, dass die Beschäftigten bei Amazon einem hohen Arbeitsdruck und einer permanenten Kontrolle ausgesetzt seien.
Amazon selbst ging entschieden gegen die Pläne vor. In dem Logistikzentrum in Bessemer sprach sich die Geschäftsleitung bei Konferenzen und sogar auf Flyern in den Toiletten gegen Gewerkschaften aus. Sie richtete auch eine Internetseite ein, auf der sie Argumente anführt, warum eine Gewerkschaft unnötig sei. Der Internet-Gigant argumentiert, dass er überdurchschnittliche Löhne und Zuschüsse zahle.
Der Konzern hatte zuletzt massiv von geschlossenen Läden im Zuge der Corona-Lockdowns weltweit profitiert, da sich das Geschäft umso mehr ins Internet verlagerte. Der Umsatz von Amazon legte im vergangenen Jahr um 38 Prozent auf rund 386 Milliarden Dollar (325 Milliarden Euro) zu, der Gewinn verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 21 Milliarden Dollar.