Die Tischler sind komplett ausgebucht. Und wer einen Installateur oder Elektriker benötigt, braucht viel Geduld. Die Auftragsbücher der Unternehmen im Gewerbe und Handwerk sind voll. Und auch die Baumeister sind mehr als zufrieden mit dem Bau- und Sanierungsboom, den die Coronakrise, zum Teil auch bedingt durch Fördermaßnahmen seitens der öffentlichen Hand, ausgelöst hat.
"Die Umsatzsteigerung in meinem Unternehmen beträgt gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres 80 Prozent", sagt Klaus Peter Kronlechner, Kärntner Obmann für Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer. Er betreibt in Klagenfurt eine Firma für Kältetechnik. Und Klimaanlagen für das Eigenheim sind, wohl auch weil die Urlaubsmöglichkeiten durch die Pandemie eingeschränkt sind, hoch im Kurs. In Summe eigentlich ein Grund zur Freude für die gesamte Baubranche.Wären da nicht die explodierenden Rohstoffpreise.
"Entwicklung ist dramatisch"
Die Entwicklung ist "derzeit wirklich dramatisch", sagt der steirische Bauinnungsmeister Alexander Pongratz. Und auch Franz Saringer, der Chef der südsteirischen Sako-Stahl und Präsident des Branchenverbandes der Biege- und Verlegetechnik, spricht von "einer schwierigen Situation", trotz sehr gut laufender Baukonjunktur. Auf breiter Front schießen die Baukosten nach oben. "Wir sind bei vielen für den Bau relevanten Rohstoffen und Vormaterialien mit einer Kombination aus Nachfragesteigerung und Verknappung konfrontiert, das wirkt sich gravierend auf die Preise aus", sagt Pongratz.
"Wir fragen uns, wo führt das hin?"
Hart trifft die Preisentwicklung auch den steirischen Holzbau. Auch hier wird zwar zum einen "von vollen Auftragsbüchern" berichtet, wie Innungsmeister Oskar Beer betont. Doch die Preissteigerungen bei einzelnen Holzsorten von "40, 50, teilweise 60 Prozent seit Dezember macht die Situation wahnsinnig schwierig". Hinzu kommen Lieferengpässe. 2020 sei hinsichtlich der Rohstoffproduktion vielfach ein "abwartendes Jahr gewesen", dies habe dazu geführt, dass "in vielen Branchen teilweise ein halbes Jahr Rohstoffproduktion fehlt". Diese Verknappung einzelner Rohstoffe, die auch bei Bauholz zu beobachten sei, führe zu gegenwärtigen Lage. "Bei Bauholz sehen wir zudem, dass viel in die USA exportiert wird, wo die Nachfrage enorm ist und auch die Preise höher". Für viele Holzbaubetriebe sei die Lage entsprechend herausfordernd. "Es gibt keine Preissicherheit mehr." Viele Unternehmer würden sich dauernd die Frage stellen, "wie sag' ich das meinen Kunden, dass die Preise nun deutlich höher ausfallen, als ursprünglich veranschlagt?" Gleichzeitig müsse man ständig darauf hinweisen, "dass wir Handwerker uns keine goldene Nase verdienen, wir sind hier auch vom Rohstoffmarkt abhängig", sagt Beer. Er hoffe, dass diese extremen Preissprünge eine Momentaufnahme sind "und sich das wieder einpendelt, wenn wieder genügend Rohware vorhanden ist, aber das Preisniveau von 2019 werden wir nicht mehr erreichen", so seine Prognose. "Teilweise stehen wir mit vollen Auftragsbüchern da, können aber nicht bauen, weil Material fehlt. Wir fragen uns aber alle, wo führt das hin?"
Tagespreise wie bei Rohöl
"Alleine der Preis für Eisen ist seit Dezember um 45 Prozent gestiegen", berichtet Robert Rauter, Bauinnungsmeister in Kärnten. Beim Holzpreis würden die Steigerungen bei 30 Prozent liegen, manche Holzarten seien so gut wie nicht lieferbar. "Es werden zum Teil Tagespreise gemacht, wie beim Rohöl", so Rauter. Auch Kupferleitungen und andere Metalle, welche von Elektrikern, Installateuren und Kältetechnikern benötigt werden, sind knapp, und kosten um 45 Prozent mehr, als noch im Herbst, sagt Kronlechner.
Sowohl die Auftragsbestände als auch die Zuwächse in der Branche seien hoch, die Unterbrechung der Lieferketten etwa bei Stahl, wirke noch nach, erklärt Pongratz. Die Preissteigerungen bei Baustahl und Dämmstoffen würden im Jahresvergleich bei jeweils gut 30 Prozent liegen. "Bauholz ist teilweise nicht einmal zu bekommen", bestätigt auch Pongratz. "Bei Ausschreibungen erhält man oft nicht einmal ein Zimmererangebot, weil die Auftragslage dort so gut ist. Aber auch hier wirken sich die Preissteigerungen massiv aus." In der Bauinnung rät man den Betrieben daher zur Vorsicht, welche Aufträge man annimmt, und wie diese kalkuliert sind. Pongratz sieht auch "Vorboten für eine Inflation".
Schwierige Preiskalkulationen
Saringer zeigt sich ebenfalls alarmiert. Seit Oktober beobachte man im Bereich einzelner Stahlsorten nahezu eine Verdoppelung der Preise. "Wie es weitergeht, kann uns niemand sagen, die Zeiten sind unsicher und schwierig, weil es für unser Branche kaum noch möglich ist, entsprechend zu kalkulieren und vernünftige Preise anzubieten, denn die halten mittlerweile kaum noch eine Woche." Die Umstellung, weg von Fixpreisen hin zu veränderlichen Preisen, sei alles andere als einfach. "Wenn man im Vorjahr den Zuschlag für eine Baustelle erhalten hat, die heuer im Mai beginnt, dann passt die Preiskalkulation überhaupt nicht mehr." Der Verband bemühe sich derzeit daher auch um einen Termin bei der unabhängigen Schiedskommission, um zumindest eine Empfehlung für Gleitpreise zu erwirken, so Saringer.
Verzweifelte Suche nach Fachkräften
Die Wartezeiten für die Kunden werden aber nicht nur aufgrund von Lieferengpässen immer länger. Auch der Fachkräftemangel bremst die gesamte Branche enorm. "Wir haben derzeit 120 Lehrlinge, würden aber 300 brauchen", sagt Bauinnungsmeister Rauter. Generell würden fast alle Firmen, die in Bau und Baunebengewerbe tätig sind, händeringend Leute suchen.
Werden sich die steigenden Baupreise mit voller Wucht in den Kosten für Häuslbauer niederschlagen? "Die Erfahrung zeigt, dass das nicht 1:1 weitergegeben wird", sagt Wifo-Experte Michael Klien. "Die Baubranche verbucht Rekordaufträge, keine Branche hat sich von dieser Krise so schnell erholt, wie der Bau, die Preisentwicklungen sind zu einem großen Teil nachfragegetrieben. Hinzu kommt, dass die Pandemie die Lieferketten in vielen Branchen durcheinandergewirbelt hat, und die daraus resultierenden Engpässe spürt man überall."
Regionale Firmen als Profiteure
Perspektivisch sei jedenfalls kaum mit einem Abebben des Baubooms zu rechnen. Die Zinsen sind niedrig und die staatlichen Corona-Hilfen sowie die Konjunkturpakete würden stark auf die Ökologisierung abzielen, das belebe die Nachfrage zusätzlich. Bei den Kärntner Raiffeisenbanken beispielsweise wurden im vergangenen Jahr laut Vorstand Peter Gauper um zehn Prozent mehr Wohnraumfinanzierungen verbucht. "Das Thema Klimaschutz und die Umstellung auf nachhaltige Energiesysteme spielen bei Neubau und Sanierung eine große Rolle. Und wenn es um den Heizungstausch geht, profitieren in der Regel vor allem die regionalen Firmen von Aufträgen", sagt Gerhard Oswald, der im Lavanttal eine Installationsfirma betreibt.