Geringe Auslastung sorgt für weitere Personaleinschnitte, jeder dritte Betrieb erwägt Stellenabbau – noch im Herbst 2020 spiegelten Prognosen dieses Zuschnitts die Lage in der steirischen Industrie wider. Das Bild hat sich gedreht, „die Aussichten sind heute viel besser, das verfestigt sich jetzt, insbesondere Asien, da vor allem China, und die USA ziehen an“, betont der steirische Industrie-Präsident Stefan Stolitzka. Im zweiten Quartal nächsten Jahres, so die Einschätzung, sollte man wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht haben. Stolitzka: „Die Industrie kann beim Neustart der gesamten Wirtschaft der Motor sein.“ Insbesondere für die traditionell exportstarke Steiermark tun sich trotz anhaltender Pandemie-Kulisse – und damit einhergehenden Reisehemmnissen – derzeit große Chancen auf. Am Donnerstag haben sowohl die Wirtschaftsforscher von „IHS Markit“ für die Eurozone als auch das „Institute for Supply Management“ für die USA die stärksten Industriedaten seit Jahrzehnten vermeldet. Die Melange aus Nachzieheffekten, Coronahilfen und dem Konjunkturturbo in den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den USA und China, sorgen für Rückenwind.
Stolitzka berichtet aus seinem eigenen Unternehmen, dem Schuhhersteller Legero, dass 150 neue Mitarbeiter für die Produktion von zusätzlich 500.000 Kinderschuhen eingestellt werden – insbesondere jene Unternehmen, die schon vor der Corona-krise stark auf Digitalisierung gesetzt haben, profitieren.
"Bald aus dem Tal der Tränen draußen"
Die Zukunftsthemen Ökologisierung und Digitalisierung seien es auch, die auch in der Corona-krise das Kreditwachstum beflügelt haben, betont Martin Schaller, Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank. Das hatte nicht zuletzt mit der Investitionsprämie des Bundes zu tun, „sie hat hier zu ganz entscheidenden Impulsen geführt“, so Schaller, der sich für die steirische Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr „sehr zuversichtlich“ zeigt. Man habe zwar eine quartalsweise Hochschaubahn erlebt“, doch aus seiner Sicht sei das viel zitierte Licht am Ende des Tunnels unübersehbar. Innovative, exportorientierte und technologiestarke Unternehmen, „die wir in der Steiermark in allen Betriebsgrößen haben, machen mich optimistisch, dass wir bald aus dem Tal der Tränen draußen sind“, sagt Schaller.
Dass das nicht für alle Branchen gilt, Schaller nennt etwa Teile des Tourismus und der Gastronomie, sei aber auch klar. Hier werde es auch weiterhin entsprechende Hilfen brauchen. „Wie stark und gut gerade der steirische Tourismus reagieren kann, hat aber der vergangene Sommer gezeigt, als sogar ein Nächtigungsplus erzielt werden konnte, wir hoffen heuer auf eine ähnliche Entwicklung“, sagt Schaller. Er unterstreicht auch, dass es perspektivisch gesehen immer wichtiger wird, eine entsprechende Eigenkapitalausstattung in den Betrieben sicherzustellen, sie werde auch bei Kreditentscheidungen eine noch wesentlichere Rolle spielen. Schaller appelliert einmal mehr, dass hier der „in Österreich noch immer unterentwickelte Kapitalmarkt“ eine wichtigere Rolle in der Finanzierung einnehmen müsse. Eine wichtige Maßnahme zur Eigenkapitalstärkung wäre es auch, einbehaltene Gewinne nicht zu besteuern.
Risiken und Herausforderungen
Auch wenn der Ausblick in der steirischen Industrie wieder von Zuversicht geprägt ist, frei von Risiken ist er nicht. Voraussetzung für eine nachhaltige Erholung sind entsprechende Impffortschritte in Europa, das deutlich höhere Tempo, das in einigen anderen Erdteilen vorgelegt wird, könnte auch zum Wettbewerbsnachteil für Europa werden, warnt Stolitzka. Weitere Herausforderungen: Derzeit kommt es etwa bei Halbleitern, aber auch bei anderen Komponenten, zu Lieferengpässen. Das wirkt sich entsprechend schnell und wuchtig auf die Einkaufspreise aus. Auch viele Rohstoffpreise und Vormaterialien für die Produktion jagen von Rekord zu Rekord, „sie sind teilweise kurzfristig in absurde Höhen gestiegen“, so Stolitzka, der das aber zumindest zu einem Teil auch auf die plötzlichen Nachzieheffekte zurückführt.