Die Stimmung in der Industrie der Eurozone ist trotz Coronapandemie so gut wie nie zuvor. Der Einkaufsmanagerindex des Forschungsunternehmens IHS Markit stieg im März um 4,6 Punkte auf 62,5 Zähler, wie Markit am Donnerstag in London nach einer zweiten Erhebungsrunde mitteilte. Das ist der höchste jemals gemessene Wert seit Umfragebeginn vor knapp 24 Jahren. Eine erste Schätzung wurde leicht nach oben korrigiert.
Die Industrie der Eurozone boome, erklärte Markit-Chefökonom Chris Williamson. Allerdings komme es zu Lieferengpässen, weshalb die Einkaufspreise stark anzögen. Beides ist kein neues Phänomen und schon seit einiger Zeit festzustellen. Ein Aspekt des Problems ist der große Mangel an Containern in der Seeschifffahrt. Die Transportkosten sind deshalb stark gestiegen.
Deutschland legt besonders kräftig zu
Besonders gut ist die Stimmung in der deutschen Industrie, wo der Indikator auf 66,6 Punkte stieg. Das ist klar über der Grenze von 50 Punkten, die Wachstum von wirtschaftlicher Schrumpfung trennt. Aber auch in anderen großen Volkswirtschaften des Euroraums wie Frankreich, Italien und Spanien erholt sich die Industrie deutlich von dem herben Einbruch während der ersten Coronawelle im Frühjahr 2020.
Ähnlich wie im Währungsraum stellt sich die Lage in Großbritannien dar. Dort ist die Industriestimmung so gut wie seit etwa zehn Jahren nicht mehr. Der Einkaufsmanagerindex stieg im März von 55,1 Punkten im Vormonat auf 58,9 Zähler. Das ist der höchste Stand seit Februar 2011. Markit-Direktor Rob Dobson sprach von einem Frühlingssignal für die britische Industrie. Gedämpft werde die gute Stimmung jedoch wie im Euroraum durch erhebliche Lieferverzögerungen.
Der Grund, warum sich die Industrie trotz Corona so stark erholen kann, liegt in den Coronabeschränkungen. Diese betreffen das verarbeitende Gewerbe wesentlich weniger als den Dienstleistungssektor und erst recht den Handel. Die Industrie profitiere von der anziehenden Binnen- und Exportnachfrage, erklärte Markit-Ökonom Williamson. Die steigende Auslandsnachfrage kommt vor allem aus Asien und dort insbesondere aus China, dessen Wirtschaft sich deutlich von dem Coronaeinbruch erholt hat. Auch in der größten Volkswirtschaft der Welt, den USA, läuft es konjunkturell besser.
US-Industrie-Motor brummt wie lange nicht mehr
Auch die US-Industrie wächst so kraftvoll wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Der Einkaufsmanager-Index stieg im März auf 64,7 Punkte von 60,8 im Februar, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Firmenumfrage des Institute for Supply Management (ISM) hervorgeht. Dies ist der höchste Wert seit Ende 1983. Von Reuters befragte Experten hatten lediglich mit einem Anstieg auf 61,3 gerechnet. Mit einem Wert von weit über 50 Zählern signalisiert der Index ein enorm starkes Wachstum.
"Die Stimmung in der US-Industrie steigert sich immer mehr in einen Zustand der Euphorie", konstatierte LBBW-Analyst Elmar Völker. Verantwortlich dafür sei das Zusammentreffen mehrerer günstiger Faktoren: "Das jüngst beschlossene Konjunkturpaket weckt Hoffnungen auf einen Nachfrageschub, zudem fallen angesichts der stark gesunkenen Coronainfektionszahlen in den USA immer mehr Restriktionen für Wirtschaft und Konsumenten weg", erläuterte der Experte.
Der US-Immobilienmarkt erhielt inzwischen einen Dämpfer. Beeinträchtigt von einer Kältewelle in weiten Teilen des Landes sanken die Bauausgaben im Februar um 0,8 Prozent auf 1,517 Billionen Dollar (1,29 Bio. Euro), wie das Handelsministerium mitteilte. Experten hatten mit einem Rückgang von 1,0 Prozent gerechnet, nach plus 1,2 Prozent im Jänner.