Es sind turbulente Monate, die die rund 2000 Mitarbeiter des MAN-Werks in Steyr durchleben. Die vergangenen Tage waren aber ganz besonders emotional. Der deutsche Lkw-Bauer MAN hat wiederholt klar gemacht, dass an der Entscheidung, den Standort 2023 zu schließen, nicht gerüttelt wird. Die Entscheidung, den Standort Steyr "aus dem MAN-Produktionsverbund herauszulösen", sei gefallen, betonte am Donnerstag auch Martin Rabe, Personalvorstand der MAN Truck & Bus SE.
"Aber es ist unser Ziel, das Werk unter einem neuen Eigentümer mit einer neuen Perspektive zu erhalten." Als Käufer kommt offenbar nur Ex-Magna Chef Wolf mit seiner WSA Beteiligungs GmbH infrage. Ihm wolle die Münchner Zentrale "eine Art Anschubhilfe" geben, indem die WSA "bis Ende 2022 sowohl weiter mit der Fertigung von MAN-Lkw als auch mit Kunststoff-Lackierarbeiten" beauftragt werde. Wolf will MAN unter Marke Steyr fortführen, allerdings von der aktuell 1845 großen Stammbelegschaft nur rund 1250 übernehmen.
Auch wenn man mit anderen Interessenten in Kontakt gestanden sei, versicherte Rabe, dass einzig die WSA "ein detailliertes industrielles und betriebswirtschaftliches Konzept für den Standort Steyr vorgelegt hat. Anderen Interessensbekundungen, wie ich sie nennen würde, haben wir deshalb abgesagt. Die Zukunft des Standortes Steyr muss auf soliden Füßen stehen", meinte er in Richtung des Konsortiums rund um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit) für ein "Green-Mobility-Center".
Heute wird Rabe gemeinsam mit MAN-Vorstandsvorsitzendem Andreas Tostmann an der Betriebsversammlung teilnehmen. "Wir kommen ja mit guten Zukunftsaussichten im Gepäck", gab er sich optimistisch. Ob die Urabstimmung der Belegschaft nach Ostern Einfluss auf die Entscheidung des Unternehmens haben werde? "Unsere Position ist klar. Wir verhandeln mit WSA als Alternative zur Schließung des Standorts. Herr Wolf hat ein aus unserer Sicht ausgezeichnetes und solides Konzept vorgelegt." Er hoffe, dass "die Belegschaft diese Entscheidung in der Abstimmung mitgeht".Denn in eineinhalb Wochen, also nach Ostern, sollen dann die Beschäftigten in einer geheimen Urabstimmung ihre Entscheidung treffen.
Der Betriebsrat hatte bisher vor allem wegen Wolfs Geschäftsverflechtungen mit Russland bezüglich Wirtschaftssanktionen Bedenken. Außerdem soll es zu einer maximal 15-prozentigen Kürzung des Nettoeinkommens kommen.
Der Betriebsratsvorsitzende Erich Schwarz sagte im Ö1-Morgenjournal auf die Frage, ob die Belegschaft überhaupt eine Wahl habe, wenn ihnen einen Tag vor der Vorstellung der Pläne ausgerichtet werde, annehmen oder zusperren: "Ich lasse mich von solchen Meldungen nicht beeindrucken. Wir haben am Standort Steyr eine tolle Belegschaft. Sollte es mit Wolf nichts werden, haben wir weiterhin eine Zukunft." Es gäbe auch andere Interessenten.
Laut Schwarz gibt es eine Industriellengruppe, die Interesse am Standort gezeigt hat. Er versteht nicht, warum MAN diese und andere Interessenten nicht in Betracht zieht, und sieht die Vorgehensweise des Konzerns "sehr kritisch". Der Betriebsratschef versteht auch nicht, warum die MAN gerade so schnell auf einen Käufer drängt, und nennt die Geschwindigkeit "übertrieben". "Die hätten das genauso im Herbst entscheiden können", sagt Schwarz: "Wir haben für die MAN heuer noch eine Vollauslastung, ich verstehe nicht, warum das so schnell passieren muss."
LH Stelzer: Keine Festlegung auf einen Investor
Vor Beginn der Betriebsversammlung im MAN-Werk Steyr, in der Investor Siegfried Wolf sein Übernahmekonzept präsentieren wird, hat Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) Freitagvormittag betont, dass die Landespolitik "zu 100 Prozent auf der Seite der Belegschaftsvertretung" stehe. Im Kontakt mit MAN und dem Mutterkonzern VW habe er den Eindruck gewonnen: "Die Sache ist entschieden. MAN wird aus heutiger Sicht, nach allem was uns gesagt wird, dort nicht länger als bis zum Jahr 2023 bleiben. Daher geht es uns darum, wer kann ein Konzept vorlegen und ist bereit zu investieren, dass wir auch in die nächsten 5, 10 oder 15 Jahre hinein dort ein starkes Unternehmen haben." Das Konzept von Ex-Magna Chef gehe über diesen Zeitraum hinaus, so Stelzer. Allerdings wolle das Land nicht sagen, "der Investor A oder B oder C ist uns von Beginn weg lieber. Wir sind froh, wenn es Investoren gibt, die den Standort nachhaltig weiterentwickeln wollen".