Die skandalträchtige Pleite der Commerzialbank Mattersburg im vorigen Sommer, ausgelöst durch mutmaßlich jahrelange Malversationen des Vorstandes (es gilt die Unschuldsvermutung), soll insbesondere für Wirtschaftsprüfer Konsequenzen haben. An sie sollen einerseits höhere Anforderungen gestellt werden, andererseits ist künftig ein häufigerer Wechsel vorgesehen. Das ist ein zentrales Ergebnis der Arbeitsgruppe, die Finanzminister Gernot Blümel nach Bekanntwerden der Vorgänge in der Commerzialbank eingesetzt hat. In dieser Gruppe arbeiteten das Finanzministerium, die Nationalbank (OeNB) und die  Finanzmarktaufsicht (FMA) Empfehlungen aus, die in einem Gesetzesentwurf gebündelt und dem Koalitionspartner übermittelt wurden. Nun gehe es in die Verhandlungen, so der Minister. Die neuen Bestimmungen könnten im Herbst beschlossen und Anfang kommenden Jahres in Kraft treten.

"Eine Schwachstelle bei der Commerzialbank war die Rolle des Wirtschaftsprüfers", stellt Blümel klar. "Das Land hat in der Holding-Genossenschaft über Jahrzehnte dieselbe Wirtschaftsprüfung bestellt, die auch die Bank geprüft hat. Überdies hat der Wirtschaftsprüfer keine anderen Banken geprüft. Das ist sicher nicht der Idealzustand, daher sehen wir auch in diesem Bereich Verbesserungen vor."

Als externer Experte in der Arbeitsgruppe wirkte Stefan Pichler vom Institut für Bank- und Finanzwirtschaft der WU Wien mit.

Die Pläne Blümels im Detail

  • Konkret sieht der Entwurf vor, dass Wirtschaftsprüfer künftig für die Durchführung von Bankprüfungen mindestens drei Jahre Erfahrung mit Kreditinstituten mitbringen müssen.
  • Wirtschaftsprüfer für eine Bank sollen künftig verpflichtend spätestens alle sieben Jahre gewechselt werden müssen. Das sei, so Pichler, internationaler Standard. Eine interne Rotation sei nicht ausreichend, es müsse eine neue Kanzlei bestellt werden. Bisher war dies nach zehn Jahren der Fall.
  • Zusätzlich soll die FMA die Möglichkeit erhalten, einen weiteren externen Wirtschaftsprüfer anzuordnen.
  • Bei Genossenschaften, die ihren Bankbetrieb in eine Aktiengesellschaft eingebracht haben und die keinem Revisionsverband angehören, darf  nicht dieselbe Person vom Gericht als Revisor bestellt werden, die auch als Bankprüfer tätig ist.
  • Auch das Einholen von externen Saldenlisten durch Bankprüfer soll verpflichtend werden.
  • Die Redepflicht des Bankprüfers gegenüber der Einlagensicherung soll ausgeweitet werden.
  • Vorgesehen ist weiters ein stärkerer Austausch zwischen FMA und Bankenprüfern, der Fokus liege dabei auf Prüfer von "Stand-alone"-Banken und auf Prüfer bzw. Prüfgesellschaften, die Bankprüfungen nur in geringem Umfang durchführen.
  • Der Entwurf enthält eine Veröffentlichungspflicht für relevante Bankkennzahlen. Bis dato haben das vor allem kleine Banken nicht gemacht. Pichler sprach wörtlich von einer "Transparenzdatenbank" in der OeNB, wo wichtige Kennzahlen in standardisierter Form für jeden abrufbar sein sollen.
  • Die FMA kann laut Entwurf künftig Mitglieder der Geschäftsleitung und des Aufsichtsrates abberufen.
  • Die Leiter und Mitarbeiter der internen Revision sollen unter einen besonderen arbeitsrechtlichen Schutz gestellt und die interne Revision so gestärkt werden.
  • Die Aufsichtsbehörden sollen außerdem einen stärkeren Fokus auf die Tragfähigkeit der Geschäftspläne und die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle von Kreditinstituten legen. Auch die Vernetzung der FMA mit der APAB (Abschlussprüfer-Aufsichtsbehörde) soll verstärkt werden, um frühzeitig Auffälligkeiten erkennen zu können.

Pichler stellt sich vor OeNB und FMA

WU-Professor Pichler nahm indes die viel kritisierte Aufsicht durch OeNB und FMA in Schutz. Es sei nicht der gesetzliche Auftrag dieser  staatlichen Institutionen, die Pleiten einzelner Institute zu verhindern. Sie würden Ordnungsnormen wie das Eigenkapital kontrollieren. Bei der Aufsicht ginge es um das systemische Risiko auf dem Markt. Diese Position hatte bisher auch die OeNB vertreten.

„Eine gut funktionierende Bankaufsicht braucht ein verlässliches Zusammenspiel der einzelnen Funktionen. So muss sich zum Beispiel die Finanzmarktaufsicht in ihrer Kontrolle des Geschäftsrisikos einer Bank darauf verlassen können, dass die vom Bankvorstand erstellte und vom externen Wirtschaftsprüfer bestätigte Bilanz korrekt ist“, erklärt Pichler. Staatliche Aufsicht und Regulierung solle dort geschehen, wo es notwendig sei, etwa bei der Einlagensicherung für kleine Sparer. "Aber sie darf nicht die Selbstkontrolle durch den Finanzmarkt ersetzen. Großanleger müssen in der Lage sein, die Risiken einer Einlage bei einer Bank selbst abzuschätzen und auch selbst tragen können.“